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#181 | Zwischen den Zeilen: Die Bedeutung der richtigen Übersetzung

17. April 2025

Übersetzung ist der Schlüssel zu anderen Kulturen – und im Film von zentraler Bedeutung. Doch was macht eine gute Übersetzung aus? Sie ist mehr als die Übertragung von Dialogen in eine andere Sprache. Erst wenn sie Inhalt, Emotionen, Tonfall und kulturelle Feinheiten transportiert, wird sie zur Kunstform. Im Film, wo jedes Bild und jedes Wort zählt, entscheidet die Qualität der Übersetzung darüber, ob ein Werk sein Publikum berührt oder daran vorbeigeht.

Filmübersetzung – Mehr als nur Worte

In der aktuellen Folge vom Indiefilmtalk spricht Susanne mit den Filmübersetzerinnen Silke Nagel und Katrin Meyberg über die unsichtbare, aber zentrale Arbeit zwischen den Zeilen. Beide arbeiten in verschiedenen Bereichen der Filmübersetzung – von Untertiteln über Voice-Over bis hin zur Synchronisation – und kennen die spezifischen Herausforderungen jeder dieser Formen.

Im Fokus der Episode steht die Untertitelung – ein Bereich, der oft unterschätzt wird, obwohl er besonders präzises Arbeiten verlangt. Gute Untertitel müssen nicht nur den Sinn des Gesagten erfassen, sondern sich auch exakt an Bildschnitt, Timing und Lesbarkeit anpassen. Die Arbeit bewegt sich ständig zwischen sprachlicher Genauigkeit, kulturellem Feingefühl und technischen Anforderungen.

Sprache, Kontext und technische Tools

Die Ausgangssprache beeinflusst die Art der Übersetzung stark. Dialekte, Redewendungen, Umgangssprache oder kulturell geprägte Begriffe erfordern kreative Lösungen – vor allem dann, wenn es keine Entsprechung im Deutschen gibt. So müssen etwa Sprichwörter aus dem Chinesischen sinngemäß übertragen werden, um ihre Bedeutung verständlich zu machen. Sprache ist immer auch Ausdruck von Identität – das macht die Aufgabe komplexer, aber auch umso wichtiger.

Neben sprachlicher Präzision ist auch technisches Equipment entscheidend. Silke arbeitet nicht ohne den Einsatz ihres sogenannten Dongles, das die direkte Bearbeitung von Filmdateien erlaubt. Katrin betont die Bedeutung hochwertiger Kopfhörer, um jedes Detail im Ton zu erfassen.

Beide nähern sich dem Film mit großer Genauigkeit: Sie schauen ihn mehrfach, analysieren Szenen und passen die Untertitel dem visuellen Rhythmus an. Besonders bei schnellen Schnitten ist das eine Herausforderung, denn der Text muss kürzer und präziser werden, damit er lesbar bleibt. Im Idealfall hat das Publikum pro Zeile rund drei Sekunden Zeit – ist der Text zu lang, wird der Film zum Lesestück.

Die Balance zwischen Kürze, Verständlichkeit und filmischer Erzählung erfordert viel Fingerspitzengefühl. Manche Aussagen erschließen sich erst im Verlauf des Films – das erfordert vorausschauendes Übersetzen. Eine zu wörtliche Übersetzung kann genauso irritieren wie eine, die sich zu weit vom Original entfernt.

Ein oft unterschätzter Teil der Postproduktion

Trotz ihrer Bedeutung wird die Arbeit von Filmübersetzer*innen häufig übersehen. Oft werden sie erst spät im Produktionsprozess einbezogen, wodurch die Zeit für sorgfältiges Arbeiten fehlt. Auch auf Festivals oder Plattformen wird nicht selten auf bestehende – teils mangelhafte – Untertitel zurückgegriffen. Problematisch wird es besonders dann, wenn nicht aus der Originalsprache, sondern über eine englische Zwischenübersetzung gearbeitet wird. Dabei gehen Feinheiten verloren und es entstehen Inkonsistenzen, etwa bei der Verwendung von Anredeformen.

Gute Untertitel sind präzise – und im besten Fall unsichtbar. Was sich Silke und Katrin wünschen: mehr Zeit, mehr Austausch mit Kreativen und mehr Anerkennung für ihre Arbeit. Denn Filme entstehen im Team – und jede einzelne Tätigkeit verdient Aufmerksamkeit.

Gäste

Katrin Meyberg | Filmübersetzerin

Katrin Meyberg ist freischaffende Filmübersetzerin und Filmbeschreiberin aus Berlin. Sie übersetzt und untertitelt Filme aus dem Englischen, Französischen und Chinesischen ins Deutsche. Außerdem schreibt sie Audiodeskriptionen für Filme und Serien und übertitelt Theaterproduktionen an den großen Berliner Häusern und auf Gastspielen im Ausland. Sie ist ehemaliges Vorstandsmitglied im AVÜ e.V. – die Audiovisuellen Übersetzer*innen.

AVÜ (Homepage): https://filmuebersetzen.de/

Silke Nagel | Filmübersetzerin

Silke Nagel studierte Übersetzen für Englisch und Spanisch an der Universität Leipzig und lebt in Berlin. (Ihre Diplomarbeit zum Thema Untertitelung wurde 2009 im Sammelband „Audiovisuelle Übersetzung: Filmuntertitelung in Deutschland, Portugal und Tschechien“ veröffentlicht.) Seit 2005 arbeitet sie als freie audiovisuelle Übersetzerin mit den Schwerpunkten Untertitelung, Übersetzung für Synchron und Audiodeskription für Film und Theater. Zu den Werken, die sie übersetzt bzw. beschrieben hat, zählen Pedro Almodóvars „Dolor y Gloria“, Lila Avilés‘ „Tótem“ und Wes Andersons „The French Dispatch“. Sie hat 2016 den Filmübersetzer*innen-Verband AVÜ e.V. mit gegründet und war bis 2022 in dessen Vorstand aktiv.

AVÜ (Homepage): https://filmuebersetzen.de/

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