Als der Filmstudent Steffen Meyn bei der Räumung des Hambacher Forstes 2018 von einem Baum stürzt und dabei tödlich verunglückt, läuft seine Kamera weiter. Er trug sie – auf einen Helm geklebt – auf seinem Kopf. Eine Person von der Polizei hebt sie damals auf und packt sie in eine Tüte. Die wurde dann von Hand zu Hand weitergegeben, bis sie schließlich auf einer Polizeistation landete. Als die trauernden Eltern das Filmmaterial ihres Sohnes endlich wieder bekommen, stand die Frage im Raum – was tun damit? Steffen Meyn hatte über zwei Jahre hinweg die Besetzung im Hambacher Forst mit der Kamera begleitet, war dabei als Baumhäuser gebaut wurden, lernte klettern, tauschte sich mit den Aktivist*innen über ihre Motivationen aus. Ursprünglich wollte er mit dem Material ein VR-Erlebnis kreieren, das den Wald erlebbar macht, wenn der nicht mehr da sein wird. Es ist ein Projekt, das nie zustande kommt. Stattdessen baten Steffen Meyns Eltern Freund*innen ihres Sohnes, einen Film aus dem Material zu machen. Keine leichte Aufgabe, erzählt Fabiana Fragale im Rückblick:
„Kilian sagt das immer so schön. Er sagt: Das haben wir ja nicht ausgesucht – das Material -, das ist einfach auf uns gekommen, ĂĽber eine ScheiĂźsituation. Nämlich, weil ein richtig guter Freund von uns gestorben ist.“
Ist ein kreativer Prozess ĂĽberhaupt möglich, wenn alle wie erstarrt sind und trauern? Eine Antwort darauf ist Pragmatismus. Jens MĂĽhlhoff machte den Start und fing an das Material zu sortieren. Eine Herausforderung dabei – Steffen Meyn hatte zum groĂźen Teil mit einer 360 Grad-Kamera gedreht, die er auf seinem Kopf trug. Auf diese Weise filmte er sein gesamtes Umfeld. Dabei entstanden zwei Bilder, die in der Nachbearbeitung erst einmal von Hand zusammengefĂĽgt werden mussten, um ein 360-Grad-Bild zu bekommen. Im Schnitt mussten dann aus diesen Rundumbildern einzelne Bilder ausgewählt werden. Wenn sie im Prozess dann umgeschnitten haben, erzählt Fabiana, dann mussten sie auch die Bilder neu wählen. Material, das aber auch Vorteile hatte, erzählt sie: „Zum Beispiel kannst du dann eine Situation im Gespräch von zwei Leuten – Steffen stand in der Mitte, zwei Leute haben geredet -, in dieser Situation kannst du dann einmal zu einer Person schwenken und dann kannst du plötzlich gegenschneiden und der anderen Person zuhören. Und dann kannst du aber auch noch rauszoomen und alle drei gleichzeitig sehen. Das heiĂźt, du entscheidest das, was du eigentlich am Filmset entscheidest im Schnittraum.“
Wie kommt man jetzt zu dritt auf eine Geschichte, die mit diesem Material erzählt werden kann? Im ersten Schritt haben alle individuelle Timelines erstellt – mit ihren Lieblingsszenen. Als sie die verglichen haben, stellten sie fest, dass es gar nicht so viele Überschneidungen gab. Wie also weiter? Neben dem reinen Bildmaterial schwingt auch immer die Thematik mit. Die Besetzung, die Räumung und auch der Tod von Steffen Meyn waren öffentlich und bewegten sich in einem politisch aufgeladenen Spannungsfeld. Denn Medien, Politik und Aktivist*innen rangen um eine Bedeutungshoheit dieses Todes, erzählt Fabiana Fragale im Podcast. Dort eine eigene Position zu finden war ein Spagat, erinnert sich Jens Mühlhoff:
„Was ein ganz großer Spagat war, war einerseits Steffen als Person, der wir emotional nah sein wollten. Andererseits wollten wir aber auch unglaublich viel politisch da drin verhandeln. Und dieser Spagat der hat, glaube ich, eine sehr lange Genese in diesem Prozess gehabt.“
Auch die Arbeit zu dritt stellte die drei Regisseur*innen immer wieder vor Herausforderungen. Denn alle hatten eine individuelle Beziehung zu ihrem verstorbenen Freund und unterschiedliche Vorstellungen davon, wie der Film am Ende aussehen sollte. „Wir hatten den Film mehrmals fast fertig – ob jetzt im Kopf, oder im Schnittraum – und sind dann noch mal ein gutes Stück zurück“, erzählt Kilian Kuhlendahl, „wenn man viel umwerfen muss, dann muss man das tun und dann gibt es auch einen Grund dafür.“ Diese Entscheidungen liefe nicht ohne Diskussionen und Kompromisse im Schnittraum ab.
Am Ende entstand ein Film, der mit der ursprĂĽnglichen Idee von Steffen Meyn nicht mehr viel zu tun hatte. Und auch er – als Mensch und Freund – ist ein StĂĽck weit Teil einer konstruierten Dramaturgie geworden. Kilian Kuhlendahl:
„Wir hatten jahrelang eine Filmfigur konstruiert und wussten, dass wir bestimmte Szenen auf eine bestimmte Weise schneiden, weil es gerade in die Dramaturgie passt. Und, dass der reale Steffen, der Mensch, um den ich trauere, jemand anders ist, als die Figur in diesem Film.“
Am 21. September kommt der Dokumentarfilm “Vergiss Meyn Nicht” in die deutschen Kinos. Das Besondere an diesem Film ist, er ist postum entstanden. In dieser Folge sprechen wir darüber, wie das eigentlich geht. Mit welchen Herausforderungen ist das verbunden und was kann und sollte man dabei beachten? Darüber sprechen wir mit den drei Regisseur*innen des Films: Fabiana Fragale, Kilian Kuhlendahl und Jens Mühlhoff.
Fabiana Fragale
Regisseurin & Filmemacherin
Website – https://www.fabianafragale.com/
Kilian Kuhlendahl
Regisseur*in und Autor*in von erzählerischen Formaten wie Hörbuch und Graphic Novel
Website – http://www.kkuhlendahl.de/
Jens MĂĽhlhoff
Regisseur und Filmemacher
Website – https://www.jensmuehlhoff.de/
WeiterfĂĽhrende Links
W-Film – https://www.wfilm.de/vergiss-meyn-nicht/kinotermine/
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Die Kurzfilmproduktion ist nicht leicht und mit vielen Hürden verbunden. Neben den geringen Finanzierungs- und den überschaubaren Auswertungsmöglichkeiten entsteht ein solcher Film in der Regel mit einem hohen Maß an Selbstausbeutung und Leidenschaft der Filmschaffenden und ihrer gesamten Crew. Trotzdem nehmen jedes Jahr Filmschaffende diesen Weg auf sich, um Geschichten auf kreative und oft einzigartige Weise auf die große Leinwand zu bringen. Und das mit Erfolg, denn Kurzfilme erfreuen sich großer Beliebtheit beim Publikum und auf Filmfestivals im In- und Ausland.
Der Kurzfilm ist mehr als die Visitenkarte des Nachwuchses auf dem Weg zum Langspielfilm. Er ist eine etablierte eigenständige Kunstform.
Alexandra Gramatke | Geschäftsführerin Kurzfilmagentur Hamburg e.V.
Wie schaffen wir es, ein Umfeld für Kurzfilmschaffende zu gestalten, welches ausreichend hohe Budgets zur Verfügung hat, um Herstellungsprozesse auch sozial nachhaltig umsetzen zu können? Was braucht der Kurzfilm, um den Raum für Experimente beizubehalten und neue Vertriebswege zu eröffnen?
Um Veränderungen in der (Kurz)filmbranche anzustreben, mĂĽssen Grundlagen geschaffen werden, die diese Weiterentwicklung zulassen. In Deutschland und weiteren europäischen Ländern ist die Filmförderung der wichtigste Pfeiler fĂĽr die Filmindustrie. Auf Basis des Filmfördergesetzes (FFG) ermöglicht die nationale Filmförderung mit ihrer Finanzierung seit ĂĽber 55 Jahren (1967) groĂźe wie kleine Filmvorhaben. Im Rahmen der aktuellen Novellierung des Filmfördergesetzes (derzeit im Prozess, neues Gesetz soll 2025 in Kraft treten) haben sich mehrere Verbände in der Initiative Zukunft Kino + Film (IZK+F) zusammengeschlossen, um grundlegende Veränderungen zugunsten des Films und der Filmschaffenden voranzutreiben. – Die Forderung: Die Novellierung nutzen, um die Filmförderung in Deutschland komplett neu und an der aktuellen Produktionsrealität auszurichten! – Mehr zur IZK + F und dem „Vorschlag zur Ausgestaltung der 8 Eckpunkte der BKM fĂĽr eine Reform der Filmförderung“ findet ihr hier – LINK
In unserer heutigen Kooperationsfolge mit shortfilm.de, dem Kurzfilmportal der AG Kurzfilm, werfen wir einen detaillierten Blick auf die gegenwärtigen Produktionsbedingungen beim Kurzfilm. Mit den Gästen Alexandra Gramatke (GeschäftsfĂĽhrerin Kurzfilm Agentur Hamburg), FrĂ©dĂ©ric Jaeger (Filmemacher, Filmjournalist) und Caroline Kirberg (Filmproduzentin) reden wir ĂĽber die bĂĽrokratischen HĂĽrden bei der Finanzierung und Produktion von Kurzfilmen. Zusätzlich blicken wir auf moderne Finanzierungsmechanismen der Förderungen, die bei der Novellierung des Filmfördergesetzes nicht fehlen sollten, um die Produktion und Sichtbarkeit des Kurzfilms zu stärken.Â
shortfilm.de
Unser Partner dieser Folge ist shortfilm.de, das Kurzfilm-Magazin der AG-Kurzfilm bietet euch aktuelle Informationen & HintergrĂĽnde rund um die kurze Form. .
Shortfilm.de – LINK
AG-Kurzfilm – LINK
Alexandra Gramatke
Geschäftsführerin Kurzfilm Agentur Hamburg e.V.
Kurzfilm Agentur Hamburg e.V. Webseite – LINK
Frédéric Jaeger
Filmemacher, Filmjournalist, Kurator
CrewUnited – LINK
Verband der deutschen Filmkritik e.V. (VDFK) – LINK
Caroline Kirberg
Filmemacherin, Produzentin
Filmproduktionsfirma pong film GmbH – LINK
Kirberg Motors film/art – LINK
Hauptverband Cinephilie – LINK
Initiative Zukunft Kino + Film – LINK
Ăśberblick Kurzfilmförderung (AG Kurzfilm) – LINK
Novelle 2022: Stellungnahmen (AG-Kuzrfilm) – LINK
Film/Video KĂĽnstlerinnenstipendium – LINK
Filmförderung Kuratorium Junger deutscher Film – LINK
BKM Förderung – LINK
Stipendium KĂĽnstlerische Forschung – LINK
Linksammlung AG Kurzfilm Stipendien – LINK
#01 | shortfilm x Indiefilmtalk | Kurzfilm in der Schule ist machbar!
#97 | Filmkritik: Wie wichtig ist sie fĂĽr die Sichtbarkeit des Films?
#133 | Kurzfilmdistribution – Möglichkeiten fĂĽr die Sichtbarkeit des Kurzfilms
Spätestens seit dem Durchbruch von Chat-GPT sprechen alle über künstliche Intelligenz. Doch KI ist keineswegs neu und hat bereits in den letzten Jahren deutliche Fortschritte gemacht und die Arbeitsrealität in vielen Branchen verändert – auch in der Filmindustrie.
Um euch einen Ăśberblick zu verschaffen, schauen wir uns an, welche KIs bereits in den unterschiedlichen Bereichen des Filmemachens existieren, auf uns zukommen und welche Auswirkungen das auf die Filmbranche hat.
KI-basierte Videobearbeitung verändert die Postproduktion bereits enorm: Schon 2016 erstellte „Watson“, die künstliche Intelligenz von IBM, den Trailer zum Film „Morgan”. Auf Grundlage der Analyse von 100 Horrorfilmtrailern hinsichtlich ihrer Szenerie, des Audioprofils und der Szenenzusammensetzung filterte Watson passende Sequenzen für den Trailer heraus, die wiederum von einem (menschlichen) Team zusammengeschnitten wurden[1].
So entstand innerhalb von 24 Stunden ein Filmtrailer, an dem ein Team normalerweise 10 bis 30 Tage gearbeitet hätte, so John R. Smith (Fellow und Manager bei IBM)[2]. Das spart offensichtlich Zeit und Geld. Kein Wunder also, dass Angestellte in der Filmindustrie um ihren Job bangen und streiken.
Was das Beispiel eigentlich verdeutlicht ist, dass KIs in der Lage sind Filmmaterial präzise zu analysieren. Sei es hinsichtlich Farbe, Stimmung, Dynamik, Personen, Ton, Bildkomposition etc. – you name it.
So können Tools, wie die Sensei AI-Plattform von Adobe automatisierte Farbanpassungen vornehmen oder Audio-Auto-Ducking durchführen. Ebenso beeindruckend ist ein Softwarepaket, das ein Forscher*innenteam am Max-Planck-Institut in Saarbrücken entwickelt hat. Die KI passt die Mimik und insbesondere die Lippenbewegungen von Schauspieler*innen an Übersetzungen an und verändert damit die Postproduktion im Synchronisationsbereich[3]. Ganz ähnlich arbeitet die Flawless KI TrueSync. Hier könnt ihr euch ansehen, wie TrueSync in der Postproduktion des Films „Fall“ von Scott Mann eingesetzt wird.
Auch in den frühen Phasen des Filmemachens – Stichwort Drehbuchschreiben – finden KI-Tools Anwendung.
Prinzipiell können textgenerierende KIs schon gesamte Skripte schreiben, die menschliche Kreativität ersetzen sie bisweilen jedoch nicht. Das stellte auch Charlie Brooker fest, der eine Folge der Serie „Black Mirror“ von Chat-GPT schreiben lassen wollte, wie er im Magazin „Empire“ erzählt:
“I’ve toyed around with ChatGPT a bit. The first thing I did was type ‚generate Black Mirrorepisode‘ and it comes up with something that, at first glance, reads plausibly, but on second glance, is shit. Because all it’s done is look up all the synopses of Black Mirror episodes, and sort of mush them together. Then if you dig a bit more deeply you go, ‚Oh, there’s not actually any real original thought here.‘ It’s [1970s impressionist] Mike Yarwood — there’s a topical reference.” (Charlie Brooker im Empire-Magazin)
Vielleicht bieten sich textgenerierende Programme doch eher als Werkzeug an, das von echten Autor*innen verwendet wird, um ihre Skripte zu verbessern oder Ideen zu entwickeln. Die Technik existiert jedenfalls: Neben Chat-GPT bietet auch die Google-Firma DeepMind ein KI-Tool mit dem Namen „Dramatron“ an, das ein interaktives Co-Autoren-Werkzeug ist, um Skripte zu verfassen.
Auch vor der Kamera kann sich durch KI einiges ändern. Software, die Text zu Bild transformiert, ermöglicht Autor*innen mit präzisen Prompts Szenen zu erstellen, die sie lediglich mit Worten beschrieben haben. Wie das aussehen kann, lässt sich in Jon Fingers Kurzfilm „D.A.N.“ betrachten. Wie er in einem Interview mit NBC News erzählt, entstand sowohl die Idee für den Film als auch das gesamte Bildmaterial durch die bildgenerierende KI „Gen-2“.
Was aktuell optisch noch stark an ein Videospiel erinnert, wird in einigen Jahren bestimmt schon realistischer aussehen. Die Sorge von Schauspieler*innen, dass gewisse Felder ihrer Tätigkeit von künstlicher Intelligenz übernommen werden könnten ist daher durchaus nachvollziehbar.
Im aktuellen Streik in Hollywood geht es nämlich nicht zuletzt auch um die Frage, wie die Bezahlung ausfallen kann, wenn Gesichte oder Stimme von Schauspieler*innen durch KI gescannt und in Produktionen verwendet wird.
Grundsätzlich eröffnet künstliche Intelligenz Filmemacher*innen neue Möglichkeiten, um ihre Ideen umzusetzen. Durch Automatisierung und die damit verbundene Effizienzsteigerung wird die Welt aufwändigerer Produktionen auch für Teams und Einzelpersonen mit kleineren Budgets zugänglich, was letztlich den Zugang zum filmisch-künstlerischen Ausdruck niedrigschwelliger macht.
Dennoch gibt es hinsichtlich des ethischen Umgangs mit künstlicher Intelligenz im Film offene Fragen, die zum Beispiel den Datenschutz, die Kopie des Erscheinungsbilds oder einzelner persönlicher Merkmale, wie Stimme und Mimik betreffen.
Doch auch die Frage, inwieweit KI-Tools in den Prozess des Filmemachens einbezogen werden, steht im Raum. Bleibt die Software Werkzeug oder ersetzt sie?
So wie in anderen Berufen auch, wird es für Filmschaffende wichtig sein, sich vom Neuen nicht bloß abzuwenden, sondern vielmehr vorausschauend potenzielle Einsatzfelder von KI zu erkennen, zu verstehen und die Anwendung zu beherrschen. Denn wo Tätigkeiten verloren gehen, eröffnen sich neue Felder. Vielleicht ist einer von uns ja schon bald hochdotierter Prompt-Ingenieur für Bildgenerierende-KIs.
[1] Quelle: https://admin02.prod.blogs.cis.ibm.net/blogs/think/2016/08/cognitive-movie-trailer/
[2] Quelle: https://admin02.prod.blogs.cis.ibm.net/blogs/think/author/fakejohnrsmit/
[3] Quelle: https://www.mpg.de/12211428/synchronisation-gesichtsausdruck-video
Das erste mal seit 60 Jahren gibt es in den USA wieder einen Streik in der Filmbranche, bei dem sich die Drehbuchgewerkschaft, Writers Guild of America (WGA) und nun auch die Schauspielgewerkschaft, Screen Actors Guild-American Federation of Television and Radio Artists (SAG-AFTRA) gemeinsam um ihre Rechte in der Traumfabrik bemĂĽhen. Da in Amerika, anders als in Deutschland, eigentlich fast jede*r Drehbuchautor*in und Schauspieler*in, der im Business arbeitet Mitglied der groĂźen Gewerkschaften ist, heiĂźt das fĂĽr Hollywood und die Produktionen die bis dato nicht bereits abgedreht sind – Produktionsstopp und Stillstand!
Bei den Drehbuchschreibenden geht es um wichtige Themen wie die Beteiligungen bei der Verwertung von Filmen und Serienfolgen, bessere Arbeitsbedingungen und einer schriftlichen Zusicherung der Studios, dass KI’s nicht genutzt werden, um die Arbeit von Autor*innen und Artists zu ĂĽbernehmen und zu ersetzen – Disney zeigt bereits erste öffentliche KI-Versuche mit dem Vorspann ihrer neuen Marvel Serie „Secret Invasion“, bei der der Vorspann KI-Generiert ist. – LINK
Bei den Schauspielenden geht es um mehr Gage für ihre Arbeit und besseren Versicherungsschutz. Bei der Gage geht es natürlich nicht um die Gage von Schauspielgrößen wie Dwayne Johnson, Brad Pitt oder Jennifer Aniston, sondern um die Gagen von vielen Schauspieler*innen die keinen Superstar-Status haben, Schauspieler*innen in Nebenrollen sind oder auch Stuntmänner und -frauen.
Noch, Stand 17.07.2023 ist keine Einigung in Sicht, obwohl die Auswirkungen die Studios bereits jetzt treffen. Presseveranstaltungen, bei denen die Schauspieler*innen im Rahmen ihrer Verträge Werbung für den Film machen sollen, werden abgesagt und es entstehen hohe Kosten für Produktionen, die verschoben werden oder mitten im Dreh abgebrochen werden müssen. Spannend wird es auch in den nächsten Jahren, ähnlich wie nach dem Autoren-Streik 2008 sichtbar, da die Releases der großen Blockbuster oft bereits Jahre im Voraus geblockt und geplant werden. Diese werden verschoben oder müssen zum Teil auch ganz abgesagt werden.
Wie seht ihr diesen Streik und glaubt ihr, dass der Streik Auswirkungen auf den deutschsprachigen Filmmarkt haben wird?
Blickpunkt Film – „Schauspieler und Drehbuchautoren in Hollywood drohen mit Streik“ – LINK
TIME Magazin (englisch) – „What Happened the Last Time SAG and the WGA Went on Strike Together“ – LINK
WGA (englisch) – LINK
SAG-AFTRA (englisch) – LINK
Mit dem Projekt Cinæsthesie. Translating Animation startet die Regisseurin Anne Isensee (Animationsregisseurin & Animatorin) ein crossmediales Experiment. Das Kernstück des künstlerischen Forschungsprojekts bildet der Animationskurzfilm INTRO. Das Besondere hierbei ist die Integration der Audiodeskription und der erweiterten Untertitel. Hier wurde beides nicht nachträglich eingefügt, sondern ist Teil des Storytellings und wurde von Anfang an mitgedacht.
Mit akustischen Bildbeschreibungen, den sogenannten Audiodeskriptionen, können blinde und sehbehinderte Menschen Filme genauso genießen wie das sehende Publikum. An dem komplexen Entstehungsprozess der Audiodeskriptionen sollte unbedingt immer eine geschulte blinde Person beteiligt sein.
Barbara Fickert – GeschäftsfĂĽhrerin Kinoblindgänger
Eine Audiodeskription oder auch kurz AD, ermöglicht für blindes oder sehbehindertes Publikum den Zugang zum cineastischen Filmgenuss. Die audiovisuelle Materie wird in eine akustische Bildbeschreibung übersetzt. Begleitend zum Kurzfilm, bietet das Projekt Cinæsthesie. Translating Animation, ein Audioprogramm, welches Einblicke in die Produktionsprozesse eröffnet, das Team vorstellt und rund um die Themen Audiodeskription, barrierefreie Animationsfilmproduktionen und cinæsthetische Übersetzungsarbeit informiert.
Doch nicht für jeden Film gibt es automatisch eine Audiodeskription, leider. Egal, ob es sich dabei um Dokumentarfilme handelt, Arthousefilme oder Filme von großen Studios. Ob es überhaupt eine barrierefreie Fassung gibt, hängt von der Produktion selbst ab: Wollen und können sie eine Audiodeskription oder erweiterte Untertitel in Auftrag geben?
Normalerweise werden, wenn überhaupt, barrierefreie Fassungen im Nachhinein angefertigt. Bei einer Audiodeskription kann beispielsweise im Dreierteam gearbeitet werden. Hierbei schreibt eine sehende Person die Filmbeschreibung und überarbeitet diese gemeinsam mit einer blinden Person. Zuletzt gleicht eine dritte Person den Text mit dem Film ab. Klar, das kostet Geld und braucht Zeit und Expert*innen, die geschult sind, gute Audiodeskriptionen zu verfassen. Zum Glück gibt es Menschen wie Barbara Fickert (Geschäftsführerin Kinoblindgänger) und Jonas Hauer (Komponist & Filmbeschreiber), die sich beide um solche akustische Bildbeschreibungen kümmern.
Das richtige Wort finden, um die filmische Situation bei einer AD bestmöglich zu beschreiben? Gar nicht so einfach, sagen Jonas und Barbara. Denn so kann die Frage, ob das Kind im Film ein Weizenbrötchen isst oder gar ein Stück Hefezopf, vielleicht einen wichtigen Hinweis für den weiteren Verlauf des Films beinhalten oder obsolet sein. Oder vielleicht wird ein typischer Hint wie “Laura greift nach der Tasche, in der sie vorhin den Revolver versteckt hat” das filmische Erlebnis spoilern. Demnach ist für die richtige Wortfindung Feingefühl angesagt und ein gutes sich Abstimmen im Team. Dass die Realisierung einer AD nicht nur das richtige Budget und eine gute Planungszeit braucht, sondern auch seinen Weg zum Publikum finden muss, ist den Meisten gar nicht so klar.
Audiodeskription muss präsenter werden und besser auffindbar. Wie wäre es mit einem Button fĂĽr AD’s bei YouTube neben dem Button fĂĽr Untertitel?
Jonas Hauer – Filmbeschreiber
Seit über 10 Jahren gibt es die GRETA-App, die es Menschen ermöglicht, barrierefrei Kino zu genießen. Doch im Heimkino, beim bingewatchen, egal ob im linearen Fernsehen, Streamingdiensten oder YouTube, bleibt der Genuss meist verwehrt. Es fehlt an AD’s. Es fehlt an Aufmerksamkeit und der Sensibilisierung der Gesellschaft, dass es zum einen barrierefreie Zugänge braucht und dass diese, sofern vorhanden, besser aufzufinden sein müssen. Ein YouTube-Button für AD’s neben dem Button für Untertitel wäre doch spannend. Vielleicht klicken Menschen aus Interesse darauf und erkennen “Diese Funktion ist in deinem Land leider noch nicht verfügbar. Möchtest du eine AD anfordern?”. Selbst wenn diese Option erst einmal nur vorhanden wäre, um Aufmerksamkeit zu generieren, so würde ein Großteil der Gesellschaft ganz unverhofft mit dem Thema der Barrierefreiheit in Berührung kommen! Was für eine smarte Idee Jonas!
Wie eine Audiodeskription entsteht, diesem Thema möchten wir uns in der aktuellen Folge widmen. Wir sprechen mit Anne Isensee (Animationsregisseurin & Animatorin), Barbara Fickert (Geschäftsführerin Kinoblindgänger) und Jonas Hauer (Komponist & Filmbeschreiber) über das künstlerische Forschungsprojekt Cinæsthesie. Translating Animation und ihre Arbeit an Audiodeskriptionen.
Wir gratulieren Barbar und Jonas nachträglich zur Auszeichnung des Deutschen Hörfilmpreises 2023. Als Teil des Audiodeskriptions-Teams unterstütze Jonas die Filmproduktion IM WESTEN NICHTS NEUES. Barbara sahnte als Teammitglied in der Kategorie Filmerbe bei Béla Tarrs Schwarzweiß-Klassiker DIE WERCKMEISTERSCHEN HARMONIEN ab. Herzlichen Glückwunsch!
Anne Isensee
Animationsregisseurin & Animatorin
Webseite – https://www.anneisensee.com/
Barbara Fickert
Geschäftsführerin Kinoblindgänger
Blog “Blindgängerin” – https://www.blindgaengerin.com/
Webseite “Kinoblindgänger” (Audiodeskription) – https://www.kinoblindgaenger.com/
Jonas Hauer
Komponist & Filmbeschreiber
Webseite – http://jonas-hauer.de/
WeiterfĂĽhrende Links
Cinæsthesie. Translating Animation (Webseite) – https://www.translating-animation.com/
Greta App – https://www.gretaundstarks.de/greta/greta
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#08 Pressekonferenz | Vielfalt im Film
„Wenn wir uns nicht die MĂĽhe machen, die junge Generation auch mit fiktionalen Formaten zu erreichen, dann verlieren wir das Publikum von morgen.“
Helga Löbel – Produzentin
Die Produzentin Helga Löbel begleitet und realisiert Kinder- und Jugendserien, wie KALTSTART (KIKA), SPOTLIGHT (Nickelodeon) oder IRGENDWAS MIT MEDIEN (mdr). Für das Publikum von morgen neue Serienformate zu produzieren ist für die Produzentin eine wichtige Angelegenheit. Innovative Formate zu entwickeln, haben für sie einen ganz besonderen Kick! Dass es aber ein langer Weg ist, neuartige Serienformate für diese eher kleine Zielgruppe zu entwickeln, erklärt sie uns an ihren vielfältigen Produktionen.
Helga Löbel spricht mit uns ĂĽber die produktionellen Herausforderungen und Chancen von Young-Adult-Formaten sowie bei Kinder- und Jugendserien. Welche Bedingungen gilt es zu beachten? Was muss sich ändern und wo dĂĽrfen Sender und Produktionsfirmen mutiger und vor allem geduldiger sein fĂĽr den „Long Run“?
„Ich wĂĽnsche mir den Mut, langfristig in regionale Programmmarken zu investieren, gerade im Young-Adult-Bereich!“
Helga Löbel – Produzentin
Die KIKA-Serie KALTSTART, die nun schon in der 6. Staffel befindende Jugendserie SPOTLIGHT von Nickelodeon und Paramount+ oder das Young-Adult-Format IRGENDWAS MIT MEDIEN vom mdr sind tatsächlich Leuchtturmprojekte, denn fiktionale Produktionen im Kinder- und Jugendbereich zu realisieren ist nicht leicht. Denn die möglichen definierten Alterszielgruppen sind sehr klein und daher aus wirtschaftlicher Sicht schwer zu fassen. Die diversen Alterszielgruppen sind aus entwicklungspsychologischen Gründen sehr differenziert definiert (ab 4, ab 6, ab 8, ab 10, ab 12 Jahren usw.), und bilden daher im Gegensatz zum Erwachsenenbereich eine eher kleine potenzielle Zuschauerzahl. Nach Helga Löbel kann sich ein neuartiges Kinder- oder Jugendformat demnach nur etablieren, wenn es langfristig gedacht wird, um überhaupt als Marke heranwachsen zu können.
Neben dem differenzierten Audiencebuidling, braucht es schon in der Entwicklungsphase viel Geduld, bis es tatsächlich zur Realisierung kommt. Häufig bleiben viele Projektideen auf der Strecke. Wenn es dann endlich zum Dreh kommt, gibt es andere Herausforderungen, die es zu meistern gilt.
Denn die zeitlichen Rahmenbedingungen für Kinder- und Jugendserien sind straff. Für den klassischen Krimi werden pro Drehtag ca. 5 Minuten Material angesetzt. Bei Kinderserien, wie zum Beispiel bei KALTSTART sind es ganze 11 Minuten. Gerade Formate, die mit innovativen Erzählweisen neu an den Markt gehen, haben es schwer und werden anders budgetiert als etablierte Formate. Helga fand mit ihrem Team dennoch clevere Wege, die Drehtage so zu strukturieren, dass der Dreh für alle gut zu bewerkstelligen ist. Ein wichtiges Schlüsselelement hierbei ist der Dreh an einer Location. Dies hat sich sowohl bei KALTSTART als auch bei SPOTLIGHT bewährt. Die Proben und der Dreh aller Szenen, alles findet an einem Ort statt. Dies hat natürlich für Cast & Crew mehrere Vorteile, wie beispielsweise kurze Kommunikationswege oder die Vermeidung von größeren Umzügen mit Crew, Cast und Equipment. Mit dieser Strategie drehten sie bei SPOTLIGHT auch gerne mit vier Teams parallel.
Hinweis: Die Folge wurde schon im September 2022 aufgenommen.
Helga Löbel | Produzentin, UFA Serial Drama
Crew United – LINK
KALTSTART (1. Folge) – LINK
SPOTLIGHT (Staffel 3 – Trailer) – LINK
IRGENDWAS MIT MEDIEN (Trailer) – LINK
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Eine Oper ist ein Ort der Emotionen, des Dramas, der Kultur und der unglaublichen künstlerischen Leistung. Sie ist ein Schauplatz, auf dem Geschichten durch die universelle Sprache der Musik erzählt werden und sie schafft ein Umfeld, das sowohl die Ausführenden als auch das Publikum in eine andere Welt entführt. Aber was wäre, wenn man dieses Medium mit dem Film verschmelzen würde?
Mit seinem neuen Film „Orphea in Love“ bringt Regisseur Axel Ranisch („Dicke Mädchen“, „Ich fĂĽhl mich Disko“) die Oper in den Kinosaal und die Filmzuschauer*innen in die Oper. Der Spielfilm ist eine filmische Interpretation der Sage von „Orpheus und Eurydike“ und besticht durch seine musikalischen Einlagen und eine aufwendige und fantasievolle Bildsprache. Den Film könnt ihr ab dem 01.06.2023 im Kino sehen. Die Spielstätte findet ihr hier – LINK
In unserem heutigen Gespräch reden wir mit unserem Gast, Regisseur Axel Ranisch ĂĽber die Verschmelzung von Oper und Film. Wir sprechen ĂĽber seinen Prozess und die Arbeit an seinem Film „Orphea in Love“. Zusätzlich reden wir ĂĽber die Kunst der guten Improvisation, den Weg zur „German Mumbelcore“ Filmbewegung und fragen uns, wie gut sein Manifest „Sehr gute Filme“ die Zeit und seine aktuellen Projekte ĂĽberdauert hat.
Axel Ranisch | Regisseur
Agentur Adam – LINK
Orphea in Love – LINK
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#108 | Berliner Schule: Realistisch anders!
Vor ĂĽber 100 Jahren war Deutschland das Zentrum der Trickfilm-Avantgarde. In dieser Zeit entwickelten die Filmschaffenden mit ihren spannenden Animationsfilm-Projekten neue Filmtechniken, die bis heute im Animationsfilm Verwendung finden.
Es entstanden Animationsfilme wie „Geheimnisvolle Streichholzdose“ (1910) von Regisseur Guido Sebers oder der erste europäische abendfĂĽllende Animationsfilm „Die Abenteuer des Prinzen Achmed“ (1926) von Regisseurin Lotte Reiniger. Nach der NS-Diktatur kam der Bruch und es dauerte ein halbes Jahrzehnt, bis Produzenten wie Bernd Eichinger den deutschsprachigen Animationsfilm, mit Filmreihen wie „Werner Beinhart“ (1990) den animierten Film auch im Erwachsenenkino wieder in den Fokus rĂĽckten. Aber wie sieht es heute aus? Welche Möglichkeiten hat man als AnimationsfilmkĂĽnstler*in originäre Geschichten zu erzählen?
In unserer aktuellen Folge wollen wir uns mit der Sichtbarkeit des deutschsprachigen Animationsfilm beschäftigen und der Frage nachgehen, warum wir aktuell eigentlich so wenige Animationsfilme aus deutschsprachigen Ländern auf der großen Leinwand sehen. Mit unserem Gast Annegret Richter (Geschäftsführerin AG-Animationsfilm) reden wir über Möglichkeiten für den animierten Film, schauen uns an, was einen Animationsfilm ausmacht und welche Möglichkeiten es gibt Animationsfilme erfolgreich umzusetzen.
Annegret hat uns nach dem Gespräch noch eine tolle Liste mit ein paar Animationsfilmen (International und deutschsprachig) geschickt, die man unbedingt einmal gesehen haben sollte. Schaut also gerne in diese Filme, supportet die Macher*innen und lasst euch inspirieren:
Internationale Kurzfilme
Deutschsprachige Kurzfilme:
Deutschsprachige Langspielfilme
Annegret Richter
GeschäftsfĂĽhrerin der AG Animationsfilm- Bundesverband der Animationsfilmbranche / Kuratorin fĂĽr das Internationale Trickfilmfestival in StuttgartÂ
AG Animationsfilm – LINK | Linkedin – LINK
Internationale Trickfilmfestival in Stuttgart (ITFS) – LINK
Weiterführende Links und Vernetzungsmöglichkeiten:
Chronologie zum Animationsfilm in Deutschland (DIAF) – LINK
Annecy International Animation Film Festival (Frankreich) – LINK
Animation Production Days (Stuttgart) – LINK
Cartoon Media EU – LINK
CEE Animationprogramm – LINK
Animationsfilmvertrieb – Kurzfilm Agentur Hamburg – LINK
Animationsfilmvertrieb – Interfilm – LINK
Filme aus dem Cover: Latte Igel und der magische Wasserstein (LINK) – Werner Beinhart (LINK) – Maurice, der Kater (LINK) – Willkommen in Siegheilkirchen (LINK) – Tarzan 3D (LINK) – Kurzfilm Lotte Reiniger (LINK)
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Was braucht die deutschsprachige Filmbranche? Und was hat der Filmnachwuchs zu sagen, der vor den Startlöchern des ernsthaften Einstiegs in die kĂĽnftige Arbeitswelt steht? Judith Frahm und Fritzie Benesch haben es sich in ihrem Studium an der Filmuniversität Babelsberg KONRAD WOLF nicht nehmen lassen, in Eigeninitiative die Gesprächsreihe „Ausnahmezustand Film?!“ zu starten, die nicht “um den heiĂźen Brei redet”, sondern mit diversen Gästen ganz konkret den Finger in die Wunde legt. Wie wollen wir in Zukunft miteinander arbeiten, denn so geht es nicht weiter.
Die beiden Produktionsstudentinnen sprechen mit uns ĂĽber ihre konkreten Vorstellungen und WĂĽnsche und machen schnell klar, was möglich und fĂĽr ein Bestehen der Filmbranche unumgänglich ist. Unter dem Dachthema “New Work” machen andere Branchen und Länder schon längst vor, was auch fĂĽr die Filmbranche wichtig ist: Flexible Arbeitszeiten, flache Hierarchien, agiles selbstbestimmtes Arbeiten. Darunter zählen beispielsweise familienfreundliches Arbeiten, Job-Sharing – also zwei Menschen teilen sich einen Arbeitsplatz in Teilzeit oder auch das Home-Office teilen.
Microsoft in Japan setzt seit 2019 auf die 4-Tage-Woche und erntete damit große Erfolge: Effizientere Arbeitsabläufe, höhere Produktivität, weniger Stromverbrauch und auch positive psychologische Effekte sind nicht auszuschließen. Die Dringlichkeit für diesen Wandel sind nicht zuletzt der extremen Müdigkeitsgesellschaft und dem daraus resultierenden „Tod durch Überarbeitung“ (Karoshi) geschuldet. Soweit muss es in Deutschland nicht erst kommen, denn andere Länder in Europa, wie Belgien, Schweden und England zeigen bereits heute, was das frühzeitige Erkennen und Handeln bewirken kann und implementieren die oben genannten Alternativen. Wo bleibt der Strukturwandel auf dem Arbeitsmarkt in Deutschland? Bisher beharren politische Akteure eher auf der Strategie der 42-Stunden-Woche, doch gehen die Bürger*innen da mit? Und wie nutzt die Filmbranche diese möglichen Trends für sich?
Selbst wenn die 4-Tage-Woche nicht gleich morgen kommt, kann jede*r im Kleinen etwas tun, um einen Kulturwandel in der Filmbranche zu schaffen. Es muss nicht sofort die Gründung einer Initiative sein oder die Umsetzung einer Studie. Die innere Haltung zählt. So kann ein ritualisiertes Check-In und Check-Out am Arbeitsplatz (egal ob am Set oder im Büro) ein erster Einstieg sein, um ein Teamgefühl zu schaffen und eine wertschätzende Arbeitsatmosphäre. Generell weg vom alleinigen Geniestatus und dem daraus resultierenden starken Machtgefälle, hin zu transparenter Teamarbeit.
In unserer ersten Folge der neuen Staffel haben wir mit unseren Gästen Judith Frahm und Fritzie Benesch (Produktionsstudentinnen der Filmuniversität Babelsberg KONRAD WOLF) reden wir über toxische Arbeitsverhältnisse am Set und strukturelle Probleme in der deutschsprachigen Filmbranche. In dem spannenden Gespräch stellen wir uns die Frage, wie wir in Zukunft miteinander Filme machen wollen und was es heißt, sozial-nachhaltig zu produzieren? Fritzie und Judith legen ihren Fokus auf den Austausch. Denn beide sind sich einig, es braucht den Dialog und nicht die Schuldzuweisung! Sich gegenseitig zuhören, sich gemeinsam an einen runden Tisch setzen und zwar mit der ehrlichen Haltung nicht nur für sich etwas ändern, sondern Zugunsten aller Beteiligten.
Judith Frahm
Produktionsstudentin an der Filmuniversität KONRAD WOLF
Fritzie Benesch
Produktionsstudentin an der Filmuniversität KONRAD WOLF
Kontakt zu Ausnahmezustand Film?!
Instagram – @ausnahmezustand.film
Mail – ausnahmezustand.film@gmail.com
Corso-Gespräch – Wie kann ein Kulturwandel in Filmbranche gelingen?
https://www.berlin.de/rbmskzl/aktuelles/pressemitteilungen/2021/pressemitteilung.1160557.php
Basten, Lisa: „Wir Kreative!“ Das Selbstverständnis einer Branche
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#136 | Teamwork: Kollektive Prozesse im Film
Neben ersten Themen der neuen Folgen geben wir einen kleinen Einblick in die Arbeit der letzten Wochen. Auf einigen Festivals durften wir unterwegs sein und spannende Gäste auf diversen Panels und Podiumsdiskussionen begrüßen. Außerdem werden wir berichten, was unserer Meinung nach wichtig ist, um ein gutes Filmgespräch zu führen. Oder was braucht es eigentlich, um gut zu Netzwerken?
Lieber locker und offen als angespannt mit der eigenen Agenda, ohne offene Ohren, Augen und Herz durch den Raum zu schreiten. Yugen versucht beim Netzwerken den Leuten Zeit zu geben, um ins Gespräch zu kommen.
Drei wichtige Punkte haben wir für euch aus dem Gespräch zum Thema Netzwerken festgehalten:
Und am wichtigsten: Wirklich ernsthaft interessiert und aktiv in das Gespräch gehen. Mit diesen Tipps klappt es bestimmt mit dem Vernetzen.
Susanne ist es wichtig, bei Filmgesprächen zumindest kurz mit den Filmschaffenden ins Vorgespräch gegangen zu sein.
„Kurz abchecken, was die Lage ist.“
Was brauchen die Filmschaffenden, um sich sicher zu fĂĽhlen und auf der BĂĽhne nach dem Screening frei ĂĽber ihre Arbeit berichten zu können? Vor allem das man sie und das Publikum ernst nimmt. Egal, ob man vor einem jungen Publikum oder einem Fachpublikum sitzt. Egal, ob die Filmschaffenden 8 Jahre oder 80 Jahre alt sind. Jeder bringt Erfahrungen und Geschichten mit, die es zu entdecken gilt und die mit Sicherheit wahre Schätze sind. Susanne’s wichtigste Prämisse:
„Seid auf der BĂĽhne bei Filmgesprächen eine gute, wertschätzende Gastgeberin und geht davon aus, dass jeder etwas mitbringt, was einen ĂĽberraschen wird.“
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