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Audiencedesign: Eine kleine Einführung

27. Mai 2021

“I made mistakes in drama. I thought drama was when actors cried. But drama is when the audience cries.” 

Frank Capra

Filme und Serien, Musik, Literatur, Theater: Als Künstler*innen erzählen wir einem Publikum Geschichten, teilen Gedanken und Gefühle oder liefern wichtige Informationen. Doch reicht eine diffuse Vorstellung von „einem Publikum“ oder sollten wir uns bereits früh viel stärker damit beschäftigen, wen wir eigentlich mit unseren Inhalten am besten erreichen können?

Audiencedesign - Wie funktioniert das?
Foto von Luis Quintero von Pexels

Plattformen wie Kickstarter, Video on Demand und Social Media verändern die Möglichkeiten für Filmschaffende ständig aufs Neue. Gleichzeitig fordert ein immer größeres Angebot an frei verfügbarem Content mehr heraus als je zuvor. Audience Building bedeutet nicht, die beste Beziehung zum Algorithmus einer Streamingplattform einzugehen, nein, dieser Prozess beginnt bereits zuvor. Wann? Produzent und Audience Designer Paul Rieht sagt: je früher, desto besser.

Die Strategien von Filmemacher*innen im deutschsprachigen Raum richten sich meist nach lang etablierten Finanzierungsmodellen von Förderanstalten. Nach der vorbereitenden Pre-Production, folgt die Produktion, danach erst Distribution und Vermarktung. Die Bereiche Produktion und Distribution sind zeitlich getrennt und werden meist von verschiedenen Personen bzw. Firmen übernommen. Mit dieser Art von Finanzierung eines Projekts bedarf es in der frühen Entstehungsphase noch keiner aktiven Kommunikation mit einem Zielpublikum – dieses existiert viel mehr als vage Idee oder richtet sich nach bestimmten Vorgaben eines Senders. 

Audiencedesign
CLASSICAL APPROACH 
Cinema 
Festivals 
VOD 
DVD/TV 
Reached via classical 
marketing / distribution channels
©TorinoFilmLab 2018 | Valeria Richter | Prof. Lena Thiele | Grafik von Sebastian Baurmann

Ganz anders sieht die Sache beim alternativen Crowdfunding aus, das sich ausgehend von den USA seit ca. zehn Jahren immer wieder auch hierzulande vermehrt angewandt wird. Das Prinzip besteht darin, freiwillige Geldbeträge in meist unterschiedlicher Höhe von unabhängigen Personen zusammenzutragen. Die Spender*innen erhalten für ihre Unterstützung Gegenleistungen wie Fanartikel, Kinotickets oder z.B. ein Abendessen mit Filmschaffenden. Aber woher kommen diese Mäzen*innen? Um den eigenen Film tatsächlich mit dieser Strategie auf die Beine stellen zu können, muss die crowd – oder besser Menschen, die ein Interesse an einem bestimmten Projekt haben oder entwickeln – aber erst geschaffen bzw. erreicht werden (community building). 

Hinweis: Hört gerne in unser spannendes Gespräch zum Thema Crowsdfunding und Selbstdistribution mit Halea Isabelle Kala und Luisa Dahringer rein.LINK

Geht es z.B. darum ein Dokumentarfilm über eine bestimmte Fußballmannschaft zu machen, wie Paul Rieth erklärt, findet sich solch eine Gemeinschaft recht leicht: es sind v.a. die Fans, die am Thema interessiert und emotional damit verbunden sind. Bei Spielfilmen oder Projekten, in denen noch keine bekannten Personen mitwirken oder ein gerade brisantes Thema verarbeitet wird, kann die Sache schon schwieriger werden. Eine Nische zu finden oder Influencer*innen ins Boot zu holen kann helfen, gleichzeitig birgt genau diese Taktik auch die Gefahr, das eigene Schaffen dadurch langfristig zu stark mit einem Thema oder einem Label zu markieren. Die Auswahl einer solchen Nische sollte also gut überlegt und auf lange Sicht erfolgen – denn Audience Building ist ein Marathon, kein Sprint. Es geht dabei nicht darum, seine künstlerischen Ausdruck an die Strategien der Vermarktung zu verkaufen, sondern einen aktiven Austausch zu kreieren.

Torino Film Lab – Audience Building Vorreiter in Europa

Das Torino Film Lab begleitet seit 2011 die Arbeit von Projekten und ihrem Audience Design durch Workshops. In seiner online abrufbaren Publikation erklärt das Film Lab wie sich die Kommunikation zwischen Filmschaffenden und Publikum seit der starken Digitalisierung verändert hat: durch soziale Medien sind die Zuschauer*innen aktiver in die Filmlandschaft eingebunden, weshalb Kino an sich auch all diese Kanäle mitdenken sollte.

AUDIENCEDESIGN 
touchpoint 
Production Company 
Partners 
Team 
Producer 
touchpoint 
Writer/Director 
Co-Producers 
Characters 
Topics 
Story 
Themes Elements 
Style & Genre 
Sales Agent 
Distributor 
Local Markets 
Location 
Financing 
Artist Collaborations 
touchpoint 
Digital Footprint 
Factual Background 
Assets/Resources 
Adaptation 
Set Design 
Sound Design 
Cast 
Music 
touchpoint 
touchpoint
©TorinoFilmLab 2018 | Valeria Richter | Prof. Lena Thiele | Grafik von Sebastian Baurmann

Das klingt jetzt v.a. nach Marketingstrategien, birgt aber noch viel mehr in sich: Denn die Möglichkeit eine Community, die sich für ein bestimmtes Thema interessiert, ortsunabhängig zu erreichen, kann für die künstlerische Seele genauso erfüllend sein. Es geht also darum, Interessierte für die eigenen Inhalte zu finden, anstatt möglichst viele Rezipient*innen eines bereits vorgegebenen Kanals anzusprechen – wie es im klassischen Beispiel des Fernsehsenders der Fall ist.

Das Thema Audience Building ist komplex und birgt spannende Herausforderungen mit sich. Durch social media haben Indie-Filmemacher*innen und Produzent*innen die Möglichkeit günstig und niederschwellig ein Publikum zu erreichen. Zweifelsohne birgt aber dieser lange Marketingsprozess viele Arbeitsstunden mit sich, die auf Dauer einen riesigen Aufwand bedeuten können, der für manch eine Indieproduktion erneute Selbstausbeutung bedeutet. Eine Kombination aus Eigenmitteln mittels Crowdfunding und staatlichen btw. institutionellen Fördermitteln könnte zukunftsweisend sein. Eine eingehendere Beschäftigung mit Audience Building scheint auf jeden Fall eine Reise wert. Hört dazu unsere Folgen mit Paul Rieth, Lysann Windisch oder Isabelle Kala und Luisa Dahringer zu diesem Thema an und klickt euch durch die Links.

Weieterführende Links:
#77 | Audiencedesign: Die Suche nach dem Publikum
DFFB Sessions | Independent-Filme: Crowdfunding und Selbstdistribution
Beitrag zum Thema Audience Building von Filmmaker Freedom – LINK
TorinoFilmLab Publikation (2018) – LINK
Audience Building Roundtable – LINK

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