Was haben „El Mariachi“, „Oh Boy“, „Moonlight“, „Reservoir Dogs“ und „Victoria“ gemeinsam? Es sind alles Independent-Filme, die unerwartete Erfolge wurden. Oftmals sind Independent-Filme auch Low-Budget-Produktionen, die mit verhältnismäßig geringen finanziellen Mitteln auskommen müssen. Das Erfolgsrezept solcher Filme lautet: Leidenschaft, Organisationstalent, Durchhaltevermögen, Dialogbereitschaft und mentale Flexibilität. Diese Eigenschaften sind im Filmbereich generell wichtig, doch im Independent-Sektor essenziell, da ihr Mangel nicht mit Geld kompensiert werden kann. Hier gilt ganz besonders die Redensart „Zeit ist Geld“, denn das Geld, das fehlt, wird durch Zeit aufgefangen.
The Woddafucka Thing – Ein Beweis für Leidenschaft im Filmemachen
„The Woddafucka Thing“ ist ein Independent-Langfilm, der beweist, dass eine leidenschaftliche Liebe fürs Filmschaffen auch mit wenig Geld beeindruckende Ergebnisse erzielen kann. 2023 kam er ins Kino und erfreute sein Publikum mit viel Humor und Satire in einer Gangster-Komödie, die in einen sozialkritischen Dialog geht und sich traut, dort hinzugehen, wo sich viele nicht hintrauen. Mit dem Regisseur Gianluca Vallero und der Hauptdarstellerin des Films, Dela Dabulamanzi, sprechen wir heute über den Weg, den ein Independent-Langfilm durchlaufen muss, um am Ende fertig zu werden. Auch wenn es, wie in diesem Fall, sechs Jahre gedauert hat.
Gianluca Vallero: Die Vision niemals verlieren
In dieser langen Zeit hat Gianluca Vallero nie seine Vision verloren. Der fertige Film ist seiner Ausgangsidee sehr treu geblieben. Zentral für das Gelingen seines Projektes war eine unglaublich detaillierte Planung, in der Vorproduktion der jeweiligen Dreh-Blöcke. Gianluca wusste bei der Ankunft in der Location immer, wo die Kamera platziert werden würde und wie der Raum genutzt werden sollte. Auch legte er großen Wert darauf, eine Location an einem Stück abzudrehen und nicht erneut Dreharbeiten zu einem späteren Zeitpunkt dort zu planen.
Eine der größten Herausforderungen bestand darin, die Crew über die lange Produktionszeit zusammenzuhalten. Gianluca betonte, wie wichtig es sei, Menschen mit Leidenschaft zu finden und sie intensiv in das Projekt zu involvieren. Durch einen regen Austausch und kontinuierliche Updates ist es ihm gelungen, seine Crew im Großen und Ganzen über den gesamten Zeitraum beisammenzuhalten, obwohl alle parallel zahlreiche andere Verpflichtungen hatten.
Auch aus der Sicht der Hauptdarstellerin Dela Dabulamanzi war die Zusammenarbeit unheimlich positiv, da man einen Raum für Dialog und Austausch hatte. Insbesondere bei Szenen, die Fragen zu Rassismus und Vorurteilen behandelten, sei ein intensiver Austausch nötig gewesen, denn interessanterweise habe es da auch unterschiedliche Wahrnehmungen gegeben, die festgestellt und diskutiert werden mussten. So sei die Zusammenarbeit nicht immer einfach, aber dafür umso ergiebiger gewesen. Dank einer hohen Professionalität und einer starken Fokussierung wurden Herausforderungen bewältigt.
Am Ende bleibt jedoch die Frage, warum talentierte Filmschaffende mit spannenden Filmprojekten, die später auch vom Publikum gewürdigt werden, keine Finanzierung erhalten. Denn selbst wenn das Ergebnis am Ende positiv ist, wissen alle Beteiligten zugleich, dass dies nicht die optimalen Bedingungen sind, um einen Film zu produzieren. Und so bestärkt sich schließlich der Wunsch nach einer Förderlandschaft, die experimentierfreudiger und mutiger ist. Denn gerade die oben erwähnten Erfolgsgeschichten der Independent-Szene legen nicht nur nahe, dass auch betriebswirtschaftlich gute Ziele mit Independent erreicht werden können. Oft sind das dann auch die Filme, die Geschichte schreiben und die Filmkultur des Landes prägen.
The Woddafucka Thing im Kino
Wo könnt ihr den Film sehen? Der Film ist noch (Stand 2024) auf seiner Kinotour und kann in einigen Kinos in Deutschland gesehen werden. Ein Blick auf der Seite des Berlinerverleihers Sabcat Media gibt euch alle wichtigen Infos dazu – LINK
Gäste:
Gianluca Vallero | Regisseur und Produzent
Gianluca Vallero wurde in Italien geboren und lebt seit 1993 in Berlin, wo er als Regisseur und Sprecher für TV- und Kinoproduktionen tätig ist. Im Jahr 2003 arbeitete er als Regieassistent des italienischen Regisseurs Gianni Amelio bei der internationalen Kinoproduktion „Le chiavi di casa“.
Er hat Artikel über das politische und kulturelle Leben in Deutschland in verschiedenen italienischsprachigen Tageszeitungen wie „Il Manifesto“, „Il Secolo XIX“ und „Il Giornale del Popolo“ veröffentlicht. Für Sender wie DeutschlandRadio, Deutschlandfunk, WDR, SFB und weitere öffentlich-rechtliche Rundfunkanstalten in Deutschland hat er als Autor Kurzbeiträge und längere Features zu kulturellen und sozialen Themen produziert. Seine intensive.. brachte dem Film den „Goldenen Mops“ Filmpreis Bremen als besten deutschsprachigen Film
Dela Dabulamanzi | Schauspielerin
Dela Dabulamanzi, geboren 1980 in Köln, ist eine vielseitige Film- und Theaterschauspielerin sowie Sprecherin. Ihr Talent und Engagement brachten ihr eine Nominierung für den Ikarus-Preis für ihre beeindruckende Leistung in „schwarzweißlila“ am Grips-Theater ein. Dabulamanzi hat ihre Fähigkeiten auf renommierten Bühnen wie dem Deutschen Theater (DT) und dem Schauspiel Frankfurt unter Beweis gestellt. Sie arbeitete dabei mit angesehenen Regisseuren wie David Bösch und Volker Hesse zusammen. Ihre eindrucksvolle Darstellung in der Hauptrolle des Independent-Films „The Woddafucka Thing“ führte zu einer Nominierung für den Deutschen Schauspielpreis 2024 ein.
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