Als der Filmstudent Steffen Meyn bei der Räumung des Hambacher Forstes 2018 von einem Baum stürzt und dabei tödlich verunglückt, läuft seine Kamera weiter. Er trug sie – auf einen Helm geklebt – auf seinem Kopf. Eine Person von der Polizei hebt sie damals auf und packt sie in eine Tüte. Die wurde dann von Hand zu Hand weitergegeben, bis sie schließlich auf einer Polizeistation landete. Als die trauernden Eltern das Filmmaterial ihres Sohnes endlich wieder bekommen, stand die Frage im Raum – was tun damit? Steffen Meyn hatte über zwei Jahre hinweg die Besetzung im Hambacher Forst mit der Kamera begleitet, war dabei als Baumhäuser gebaut wurden, lernte klettern, tauschte sich mit den Aktivist*innen über ihre Motivationen aus. Ursprünglich wollte er mit dem Material ein VR-Erlebnis kreieren, das den Wald erlebbar macht, wenn der nicht mehr da sein wird. Es ist ein Projekt, das nie zustande kommt. Stattdessen baten Steffen Meyns Eltern Freund*innen ihres Sohnes, einen Film aus dem Material zu machen. Keine leichte Aufgabe, erzählt Fabiana Fragale im Rückblick:
„Kilian sagt das immer so schön. Er sagt: Das haben wir ja nicht ausgesucht – das Material -, das ist einfach auf uns gekommen, über eine Scheißsituation. Nämlich, weil ein richtig guter Freund von uns gestorben ist.“
Ist ein kreativer Prozess überhaupt möglich, wenn alle wie erstarrt sind und trauern? Eine Antwort darauf ist Pragmatismus. Jens Mühlhoff machte den Start und fing an das Material zu sortieren. Eine Herausforderung dabei – Steffen Meyn hatte zum großen Teil mit einer 360 Grad-Kamera gedreht, die er auf seinem Kopf trug. Auf diese Weise filmte er sein gesamtes Umfeld. Dabei entstanden zwei Bilder, die in der Nachbearbeitung erst einmal von Hand zusammengefügt werden mussten, um ein 360-Grad-Bild zu bekommen. Im Schnitt mussten dann aus diesen Rundumbildern einzelne Bilder ausgewählt werden. Wenn sie im Prozess dann umgeschnitten haben, erzählt Fabiana, dann mussten sie auch die Bilder neu wählen. Material, das aber auch Vorteile hatte, erzählt sie: „Zum Beispiel kannst du dann eine Situation im Gespräch von zwei Leuten – Steffen stand in der Mitte, zwei Leute haben geredet -, in dieser Situation kannst du dann einmal zu einer Person schwenken und dann kannst du plötzlich gegenschneiden und der anderen Person zuhören. Und dann kannst du aber auch noch rauszoomen und alle drei gleichzeitig sehen. Das heißt, du entscheidest das, was du eigentlich am Filmset entscheidest im Schnittraum.“
Wie kommt man jetzt zu dritt auf eine Geschichte, die mit diesem Material erzählt werden kann? Im ersten Schritt haben alle individuelle Timelines erstellt – mit ihren Lieblingsszenen. Als sie die verglichen haben, stellten sie fest, dass es gar nicht so viele Überschneidungen gab. Wie also weiter? Neben dem reinen Bildmaterial schwingt auch immer die Thematik mit. Die Besetzung, die Räumung und auch der Tod von Steffen Meyn waren öffentlich und bewegten sich in einem politisch aufgeladenen Spannungsfeld. Denn Medien, Politik und Aktivist*innen rangen um eine Bedeutungshoheit dieses Todes, erzählt Fabiana Fragale im Podcast. Dort eine eigene Position zu finden war ein Spagat, erinnert sich Jens Mühlhoff:
„Was ein ganz großer Spagat war, war einerseits Steffen als Person, der wir emotional nah sein wollten. Andererseits wollten wir aber auch unglaublich viel politisch da drin verhandeln. Und dieser Spagat der hat, glaube ich, eine sehr lange Genese in diesem Prozess gehabt.“
Auch die Arbeit zu dritt stellte die drei Regisseur*innen immer wieder vor Herausforderungen. Denn alle hatten eine individuelle Beziehung zu ihrem verstorbenen Freund und unterschiedliche Vorstellungen davon, wie der Film am Ende aussehen sollte. „Wir hatten den Film mehrmals fast fertig – ob jetzt im Kopf, oder im Schnittraum – und sind dann noch mal ein gutes Stück zurück“, erzählt Kilian Kuhlendahl, „wenn man viel umwerfen muss, dann muss man das tun und dann gibt es auch einen Grund dafür.“ Diese Entscheidungen liefe nicht ohne Diskussionen und Kompromisse im Schnittraum ab.
Am Ende entstand ein Film, der mit der ursprünglichen Idee von Steffen Meyn nicht mehr viel zu tun hatte. Und auch er – als Mensch und Freund – ist ein Stück weit Teil einer konstruierten Dramaturgie geworden. Kilian Kuhlendahl:
„Wir hatten jahrelang eine Filmfigur konstruiert und wussten, dass wir bestimmte Szenen auf eine bestimmte Weise schneiden, weil es gerade in die Dramaturgie passt. Und, dass der reale Steffen, der Mensch, um den ich trauere, jemand anders ist, als die Figur in diesem Film.“
Am 21. September kommt der Dokumentarfilm “Vergiss Meyn Nicht” in die deutschen Kinos. Das Besondere an diesem Film ist, er ist postum entstanden. In dieser Folge sprechen wir darüber, wie das eigentlich geht. Mit welchen Herausforderungen ist das verbunden und was kann und sollte man dabei beachten? Darüber sprechen wir mit den drei Regisseur*innen des Films: Fabiana Fragale, Kilian Kuhlendahl und Jens Mühlhoff.
Das Theater als flüchtige Kunstform sowohl auf der klassischen Guckkastenbühne als auch in Formen des immersiven Theaters, der Performance, des Straßentheaters, des Tableaux vivants … Es gibt unendlich viele Formen und Facetten, wo, wie und mit wem Theater konstruiert wird. Seit Ende des 19. Jahrhunderts erwacht der Film – das Bewegtbild. Seit es den Film gibt, gibt es das Bestreben, diese beiden Kunstformen zusammenzuführen. Schon früh wird der Film als Medium geschätzt, welches aufgrund der visuellen Wirkung das intensive Erleben von Theateraufführungen verstärkt. Der Einsatz von Projektionen als Zwischenfilme nutzen schon der US-amerikanische Regisseur David Wark Griffith sowie der französische Illusionist und Theaterbesitzer Georges Méliès. Erstmals in Deutschland integrierten die Gebrüder Wolf einen Einspielfilm als Prolog eines Theaterstücks im Jahre 1911. Später folgten Regisseure wie Erwin Piscator an der Volksbühne in Berlin mit “Trotz alledem!” oder “Das trunkene Schiff”. Oder heute Thomas Ostermeier mit “Hamlet” an der Schaubühne in Berlin. Nach Piscators Aussagen dienen die Filmprojektionen zur “Intensivierung des dramaturgischen Ausdrucks“.
Der Versuch der Verschmelzung
Erwin Piscator ging sogar so weit, dass er ein eigenes Theaterhaus aufkaufte und großzügig umbaute, um bestmöglich den Film in seine Theaterstücke als festen Bestandteil zu implementieren. Der Film sollte nicht mehr nur Beiwerk sein, sondern mit dem Theater zu einer neuen Kunstform verschmelzen. Der begrenzte Raum der Guckkastenbühne soll mithilfe des Films zum “vierdimensionalen Theater” gesprengt werden. Die beeindruckenden Bilder sollen somit eine Brücke schlagen zwischen Bühnenraum und Zuschauerraum. Doch dafür benötigt er eine ganz neue Architektur, die dieser Aufgabe gerecht wird.
Zusammen mit Walter Gropius plant er später das sogenannte Totaltheater. Dieses kuppelförmige Gebilde soll im Inneren mit einer aufwendigen mobilen Bühne und 15 Projektoren ausgestattet werden. Die Projektoren sollen die Kuppel von innen mit diversen Filmen bestrahlen und so das Theaterspektakel filmisch verfeinern. Das Theater wurde aus finanziellen Gründen nie gebaut – doch was wäre wenn?
Thomas Ostermeier, Regisseur des gegenwärtigen Theaters, nutzt den Film nicht nur als Einspieler oder Stimmungsprojektion, sondern verwendete Live-Kameras, mit denen die Protagonisten auf der Bühne spielen. Die Zuschauer*innen erhalten die Live-Aufnahme der Schauspieler*innen im Großformat auf der Leinwand und bekommen das Gefühl, direkt vor Hamlet zu stehen, wenn dieser – gespielt von Lars Eidinger – seinen “Sein-oder-nicht-Sein- Monolog“ zum Besten gibt.
Von filmischer Seite gab und gibt es ebenfalls das Bestreben, theatrale Elemente in den Film zu betten. “Dogville” von Lars von Trier, bei dem das komplette filmische Geschehen auf einer kargen Theaterbühne in Szene gesetzt wird. Oder “Blind Date“, bei dem Anke Engelke und Olli Dittrich mit komplett improvisierten Charakteren in verschiedenen Räumlichkeiten aufeinandertreffen und frei von der Leber weg spielen, was ihnen in den Sinn kommt.
Es gibt unzählige Beispiele aus der Geschichte und der heutigen Zeit, wo immer wieder Versuche gestartet werden, diese beiden so unterschiedlichen Kunstformen zusammenzuführen. Und dennoch scheint dieser Versuch stets ausgefallen. Was wäre, wenn Theater und Film auf diversen Ebenen öfter und viel selbstverständlicher miteinander verbunden werden würden? Welche Auswirkungen hätte dies auf unsere Form des Geschichtenerzählens? Wie gut besucht wären Kinos und Theaterhäuser dieses Landes, wenn es mehr Mut zum Experimentieren gäbe?
Mehr Mut zum Experiment
Unsere drei Gäste sind alle Expert*innen im Verweben von filmischen und theatralen Elementen. Eine improvisierte Fernsehserie hier, ein Live-Mitschnitt einer Theateraufführung dort und ein Publikum, das sich in einem immersiven Social-Media-Event wiederfindet.
Jan Georg Schütte (Regisseur, Schauspieler & Drehbuchautor) steckt nun schon mitten in der Postproduktion der zweiten Staffel seiner improvisierten Mini-Serie “Das Begräbnis”. Auf dem Hauptsetting, einem Hof in Mecklenburg-Vorpommern, rotieren 56 Kameras und 19 Schauspieler*innen. Mit je einer eigenen, sehr detaillierten Charakter-Biografie und einzelnen Handlungsaufgaben, sind die Schauspieler*innen ausgestattet. Hier trifft die Improvisationskunst aus dem Theater auf das serielle Erzählen für’s Fernsehen.
Lotte skyped mit Werther.
Cosmea Spelleken (Regisseurin) entwickelt in der Pandemie Werther.Live. Das Theaterstück im Social Media Anzug kommt zu den Zuschauer*innen nach Hause. Jedes Mal Live gespielt interagieren die Protagonist*innen von Werther zwischen Instagram-Post’s, Skype-Video-Anrufen und Chat-Verläufen. Dies alles wird über ein sogenanntes Screencatching im Hintergrund aufwendig geführt und dem Publikum ausgespielt. Das Ergebnis ist ein intensives Mitfühlen und hoffen bis zuletzt, dass Werther nicht so endet, wie wir es im Deutschunterricht zuletzt erlebt haben.
Nazgol Emami (Regisseurin & Videodesignerin) begleitet diverse Theater- und Fernsehproduktionen und wird während der Pandemie als Regisseurin für den Live-Mitschnitt des Theaterstückes „Früchte des Zorns” von Schauspiel Köln angefragt. Gesagt, getan! Doch was braucht es, um ein Theaterstück raffiniert für das Medium Film in Szene zu setzen – ohne abgefilmt zu wirken? Auf jeden Fall mehr als zwei Standkameras. Mit einem gut durchdachten und unkonventionellen Konzept macht sie sich ans Werk und beschert dem Publikum einen neuartigen Zugang zum Medium Theater.
Cosmea Spelleken (Regisseurin), Jan Georg Schütte (Regisseur, Schauspieler & Drehbuchautor) und Nazgol Emami (Regisseurin & Videodesignerin) sprechen über ihre Projekte, Erfahrungen und Wünsche für die Zukunft.
Cosmea Spelleken Regisseurin Staatstheater Nürnberg – LINK
Jan Georg Schütte Regisseur, Schauspieler & Drehbuchautor Webseite – LINK
Nazgol Emami Regisseurin & Videodesignerin Crew United – LINK Webseite – LINK
Weiterführende Links Blind Date (Mediathek) – LINK Das Begräbnis (Trailer) – LINK Schauspiel Köln (Webseite) – LINK Werther.Live (Trailer) – LINK
Die Finanzierung des Films ist eins der essentiellen Dinge die man als Filmemacher*in nach der Kreativen Arbeit am Film angehen muss, um die Filmproduktion auf die richtigen finanziellen Beine zu stellen. Anders als in Hollywood und vielen anderen Ländern der Welt gehört in Deutschland und Europa die Filmfinanzierung durch staatliche Unterstützung von Land und Bund zu einem der Eckpfeiler der hiesigen Filmindustrie. Aber wie arbeiten Förderanstalten und was sind Kriterien, die man als finanzierungssuchende Person bei der Beantragung beachten sollte?
How-To Filmförderung
In Deutschland gibt es eine Vielzahl an Filmförderungen. Neben der nationalen Förderung durch die FFA und das Kuratorium Junger deutscher Film gibt es einige Regionale Förderanstalten wie den FilmFernsehFonds Bayern (FFF Bayern), Film- und Medienstiftung NRW, Filmförderung Hamburg Schleswig-Holstein (FFHSH) oder den Baden-Württembergischer Filmförderungs- und Medienfonds (MFG). Neben den spezifischen Filmförderanstalten gibt es weitere Institutionen und Stiftungen, die Filmprojekte fördern, wie zum Beispiel die Kulturelle Filmförderung von Brot für die Welt oder die Robert Bosch Stiftung, die Filmprojekte im internationalen Kontext fördern.
In der „How-To Filmförderung-Reihe“ vom Indiefilmtalk werden wir in den nächsten Monaten immer wieder mit verschiedenen Filmförderinstituten ins Gespräch gehen und einen Einblick in ihre Arbeitsweisen geben. Wie sieht die Einreich- und Auswahlprozedur aus? Wie unterscheiden sie sich zu anderen Filmförderungen? Welche Herausforderungen sehen sie in ihrer Arbeit? Zusätzlich versuchen wir in den Gesprächen ein paar spannende und hilfreiche Insights für die Einreichung heraus zu kristallisieren.
Heute: Medienboard Berlin-Brandenburg
Unser erster Gast in der Reihe sind Anja Dörken (Förderreferentin) und Daniel Saltzwedel (Leitung Filmförderung) vom Medienboard Berlin-Brandenburg. In unserem Gespräch reden wir über den Ablauf von Jurysitzungen, das Intendantenprinzip und darüber, was ein gutes Package bei der Einreichung wirklich bedeutet.
Mehr zu Medienboard findet ihr auf deren Webseite – LINK
Unsere Gäste
Anja Dörken Förderreferentin Medienboard Berlin-Brandenburg Webseite – LINK
Daniel Saltzwedel Leitung Filmförderung Medienboard Berlin-Brandenburg Webseite – LINK
Weiterführende Links 25 Antworten zur Filmförderung | Filmpuls.info – LINK Medienboard Berlin-Brandenburg – LINK Deutscher Filmförder Fond | Nützliche Links – LINK
Die Frage – „Wie erreiche ich mein Publikum mit meinem Film?“ – ist wahrscheinlich genauso alt wie das Kino selbst. So wie sich das Kino und der Film in den letzten Jahrzehnten immer weiter wandelte und weiter wandeln wird, verändert sich regelmäßig die Antwort auf diese Frage und damit die Art der Vermarktung von Filmen. Setzte man vorher mehr auf einen spannenden Trailer und die Plakatierung von Filmpostern an Litfaßsäulen wird es heutzutage immer wichtiger, das Publikum so früh wie möglich auf eine „Journey“ mit zunehmen bei dem man um den eigenen Film extra Content für die Sozialen Medien generiert.
Man sollte die Vermarktung des Films direkt da anknüpfen, wo sich die Menschen aufhalten, um sie für das Kino und den Film zu begeistern.
Lena Moser
Durch die Masse an Medien, denen wir jeden Tag ausgesetzt sind, wird es immer schwieriger, die Aufmerksamkeit für ein spezifisches Projekt zu erhalten. Umso wichtiger ist es, als Filmemacher*in strategisch und flexibel bei der Suche nach der passenden Zielgruppe zu agieren und immer zu schauen, in welchen Nischen sich die Zuschauerschaft befindet. Social-Media-Kanäle wie Facebook, Instagram, TikTok oder Youtube können hierbei sehr mächtige Werkzeuge für Filmschaffende sein.
Die Produktionsfirma und Agentur „lehof“ konzentriert sich mit ihrer Arbeit genau auf diese Aufgaben. Neben dem entwickeln von Vermarktungsstrategien für Produktionsfirmen wie Panthaflix oder Warner Bros. entwickeln und produzieren sie eigene Filme wie ihren letzten Sciencefictionfilm „Almost Home“ welcher bereits auf zahlreichen Festivals international lief, seine Deutschlandpremiere beim Max Ophüls Festival feierte und bei den 95. Oscars geshortlisted war. Mehr zu „lehof“ und dem Film findet ihr hier – LINK
Vermarktung im „Social First“ Zeitalter
In unserem heutigen Gespräch dreht sich alles um Konzepte für ein erfolgreiches Audience Building. Im Gespräch mit Philip Hofmann (Geschäftsführer und Creative Manager) und Lena Moser (Creative Concept) von der Produktionsfirma und Agentur „lehof“ reden wir über ihre Strategien in der Vermarktung von Filmen über Social Media am Beispiel ihres Genrefilms „Almost Home“. Wir schauen uns die Wichtigkeit der sozialen Medien für den Film an und reden darüber, warum es wichtig ist, so früh wie möglich mit dem Vermarktungskonzept für den Film zu starten.
Unsere Gäste
Philip Hofmann – Geschäftsführer und Creative Manager | Lehof Lena Moser – Creative Concept | Lehof
„Wenn wir uns nicht die Mühe machen, die junge Generation auch mit fiktionalen Formaten zu erreichen, dann verlieren wir das Publikum von morgen.“
Helga Löbel – Produzentin
Die Produzentin Helga Löbel begleitet und realisiert Kinder- und Jugendserien, wie KALTSTART (KIKA), SPOTLIGHT (Nickelodeon) oder IRGENDWAS MIT MEDIEN (mdr). Für das Publikum von morgen neue Serienformate zu produzieren ist für die Produzentin eine wichtige Angelegenheit. Innovative Formate zu entwickeln, haben für sie einen ganz besonderen Kick! Dass es aber ein langer Weg ist, neuartige Serienformate für diese eher kleine Zielgruppe zu entwickeln, erklärt sie uns an ihren vielfältigen Produktionen.
Helga Löbel spricht mit uns über die produktionellen Herausforderungen und Chancen von Young-Adult-Formaten sowie bei Kinder- und Jugendserien. Welche Bedingungen gilt es zu beachten? Was muss sich ändern und wo dürfen Sender und Produktionsfirmen mutiger und vor allem geduldiger sein für den „Long Run“?
„Ich wünsche mir den Mut, langfristig in regionale Programmmarken zu investieren, gerade im Young-Adult-Bereich!“
Helga Löbel – Produzentin
Die KIKA-Serie KALTSTART, die nun schon in der 6. Staffel befindende Jugendserie SPOTLIGHT von Nickelodeon und Paramount+ oder das Young-Adult-Format IRGENDWAS MIT MEDIEN vom mdr sind tatsächlich Leuchtturmprojekte, denn fiktionale Produktionen im Kinder- und Jugendbereich zu realisieren ist nicht leicht. Denn die möglichen definierten Alterszielgruppen sind sehr klein und daher aus wirtschaftlicher Sicht schwer zu fassen. Die diversen Alterszielgruppen sind aus entwicklungspsychologischen Gründen sehr differenziert definiert (ab 4, ab 6, ab 8, ab 10, ab 12 Jahren usw.), und bilden daher im Gegensatz zum Erwachsenenbereich eine eher kleine potenzielle Zuschauerzahl. Nach Helga Löbel kann sich ein neuartiges Kinder- oder Jugendformat demnach nur etablieren, wenn es langfristig gedacht wird, um überhaupt als Marke heranwachsen zu können.
Neben dem differenzierten Audiencebuidling, braucht es schon in der Entwicklungsphase viel Geduld, bis es tatsächlich zur Realisierung kommt. Häufig bleiben viele Projektideen auf der Strecke. Wenn es dann endlich zum Dreh kommt, gibt es andere Herausforderungen, die es zu meistern gilt.
One Location: Clevere Drehplanung
Denn die zeitlichen Rahmenbedingungen für Kinder- und Jugendserien sind straff. Für den klassischen Krimi werden pro Drehtag ca. 5 Minuten Material angesetzt. Bei Kinderserien, wie zum Beispiel bei KALTSTART sind es ganze 11 Minuten. Gerade Formate, die mit innovativen Erzählweisen neu an den Markt gehen, haben es schwer und werden anders budgetiert als etablierte Formate. Helga fand mit ihrem Team dennoch clevere Wege, die Drehtage so zu strukturieren, dass der Dreh für alle gut zu bewerkstelligen ist. Ein wichtiges Schlüsselelement hierbei ist der Dreh an einer Location. Dies hat sich sowohl bei KALTSTART als auch bei SPOTLIGHT bewährt. Die Proben und der Dreh aller Szenen, alles findet an einem Ort statt. Dies hat natürlich für Cast & Crew mehrere Vorteile, wie beispielsweise kurze Kommunikationswege oder die Vermeidung von größeren Umzügen mit Crew, Cast und Equipment. Mit dieser Strategie drehten sie bei SPOTLIGHT auch gerne mit vier Teams parallel.
Hinweis: Die Folge wurde schon im September 2022 aufgenommen.
Helga Löbel | Produzentin, UFA Serial Drama Crew United – LINK KALTSTART (1. Folge) – LINK SPOTLIGHT (Staffel 3 – Trailer) – LINK IRGENDWAS MIT MEDIEN (Trailer) – LINK
Egal ob im Theater oder im Film, viel zu häufig werden die immer gleichen alten Geschichten und Stereotypen aufs Neue erzählt. Immer wieder werden alte patriarchale Strukturen durch die immer gleichen Erzählweisen manifestiert und die alten Helden leben hoch. Jedoch sind Geschichten nicht nur ein netter Unterhaltungswert, sondern sie prägen unsere Gesellschaft. Die Form des Geschichtenerzählens ist die einfachste und gleichzeitig komplexeste Form, Bilder und Stereotypen im Mindset unseres gesellschaftlichen Kollektivs zu verankern. Wie brechen wir diese Strukturen und alten Erzählmuster auf? Wie lösen wir uns von den alten Erzählungen und geben mehr Raum für die Neuen? Der Film LADYBITCH widmet sich genau dieser Herausforderung und revolutioniert mit seiner Protagonisten Ela die Bretter, die die Welt bedeuten. Doch nicht nur auf der Leinwand bricht der Film patriarchale Strukturen auf, sondern auch innerhalb der Produktion hinter der Kamera achtet das Regie-Duo Paula Knüpling und Marina Prados auf einen verantwortungsvollen und wertschätzenden Umgang mit ihrem Team.
Machtposition vs. Verantwortungsposition
„Regisseur*in zu sein ist eine Verantwortungsposition. Ich habe nicht die Macht, sondern ich habe die Verantwortung für mein Team. Es ist eher ein Auftrag als ein Privileg.“
Paula Knüpling
Das Regie-Duo Marina Prados und Paula Knüpling sind seit dem letzten Jahr mit ihrem durchschlägigen Spielfilmdebüt LADYBITCH unterwegs. Gemeinsam haben sie an dem Drehbuch geschrieben, ihre eigenen Erfahrungen verarbeitet und während der Pandemie mit einem kleinen Team ihr Filmprojekt erfolgreich realisiert.
Doch was braucht es, um sensible Szenen, in denen Grenzüberschreitungen reinszeniert werden, umsetzen zu können, ohne dass es zu inneren Schäden kommt? Marina und Paula haben darauf eine klare Antwort, denn für sie bedeutet die Position der Regisseurin nicht Macht auszuüben, sondern Verantwortung zu übernehmen und auch abzugeben, um gemeinsam als Filmteam agieren zu können:
„Mentale Gesundheit am Set ist zentral und daher ist es wichtig, sich zu entspannen, es locker zu nehmen – sich und das Projekt nicht über alles zu stellen.“
Marina Prados
Die beiden sind sich einig: Das Filmprojekt sollte nicht über allem stehen, das Wichtigste sind die Menschen, mit denen im Team gearbeitet wird und diese wurden trotz kleines Produktionsbudget für ihre Arbeit bezahlt. Dafür schraubte das Regie-Duo ihre technischen und ästhetischen Ansprüche zurück. Eine vorbildliche Handlung, um prekäre Situationen in unserer Filmbranche aufzubrechen.
Was kann die Filmbranche auch im Kleinen tun, um Grenzüberschreitungen zu erkennen, nötige Hilfestellungen zu geben oder eben präventiv entgegenzuwirken? Marina und Paula suchen immer wieder das Gespräch zu ihrem Team. Reflektieren ihre eigenen Grenzen und halten Absprachen wie bspw. die Einhaltung der regulären Drehzeiten, ein. Doch was kann der/die Einzelne tun, wenn er oder sie Grenzüberschreitungen erlebt oder beobachtet? Hierfür veröffentlicht die Themis Vertrauensstelle gegen sexuelle Belästigung in der Kulturbranche erstmals eine Broschüre, in der mögliche Situationen skizziert werden und mögliche Handlungsoptionen formuliert werden. Neben einem psychologischen Notfallkoffer für Zeug*innen gibt es zu jedem Kapitel Reflexionsfragen, sodass eine aktive Einbindung der Leserschaft evoziert wird.
In unserer aktuellen Folge sprechen die beiden Regisseurinnen mit uns über ihre Arbeit zu LADYBITCH. Wir sprechen über die aktuelle Handreichung der Themis Vertrauensstelle gegen sexuelle Belästigung in der Kulturbranche und stärken wichtige Learnings zum sensiblen und wertschätzenden Umgang miteinander. Seit dem 09. März 2023 läuft LADYBITCH in ausgewählten Kinos.
Paula Knüpling Regisseurin Webseite – LINK Crew United – LINK
Marina Prados Regisseurin Webseite – LINK Crew United – LINK
Weiterführende Quellen
Ladybitch (Trailer) – LINK
Lara – Fachstelle gegen sexualisierte Gewalt an Frauen* (Webseite) – LINK
Mental Healt First Aid – Ersthelfer*in werden! In dem Zentralinstitut erfährst du, wie du Erste Hilfe für psychische Gesundheit leisten kannst. Schau dich mal auf der Webseite um:
MHFA-Ersthelfer Kurse für psychische Gesundheit (Webseite) – LINK
Vor über 100 Jahren war Deutschland das Zentrum der Trickfilm-Avantgarde. In dieser Zeit entwickelten die Filmschaffenden mit ihren spannenden Animationsfilm-Projekten neue Filmtechniken, die bis heute im Animationsfilm Verwendung finden.
Es entstanden Animationsfilme wie „Geheimnisvolle Streichholzdose“ (1910) von Regisseur Guido Sebers oder der erste europäische abendfüllende Animationsfilm „Die Abenteuer des Prinzen Achmed“ (1926) von Regisseurin Lotte Reiniger. Nach der NS-Diktatur kam der Bruch und es dauerte ein halbes Jahrzehnt, bis Produzenten wie Bernd Eichinger den deutschsprachigen Animationsfilm, mit Filmreihen wie „Werner Beinhart“ (1990) den animierten Film auch im Erwachsenenkino wieder in den Fokus rückten. Aber wie sieht es heute aus? Welche Möglichkeiten hat man als Animationsfilmkünstler*in originäre Geschichten zu erzählen?
Wo steht der deutschsprachige Animationsfilm heute?
In unserer aktuellen Folge wollen wir uns mit der Sichtbarkeit des deutschsprachigen Animationsfilm beschäftigen und der Frage nachgehen, warum wir aktuell eigentlich so wenige Animationsfilme aus deutschsprachigen Ländern auf der großen Leinwand sehen. Mit unserem Gast Annegret Richter (Geschäftsführerin AG-Animationsfilm) reden wir über Möglichkeiten für den animierten Film, schauen uns an, was einen Animationsfilm ausmacht und welche Möglichkeiten es gibt Animationsfilme erfolgreich umzusetzen.
Animationsfilmtipps
Annegret hat uns nach dem Gespräch noch eine tolle Liste mit ein paar Animationsfilmen (International und deutschsprachig) geschickt, die man unbedingt einmal gesehen haben sollte. Schaut also gerne in diese Filme, supportet die Macher*innen und lasst euch inspirieren:
1917 – Der wahre Oktober (D: Katrin Rothe, 2017 – Deutschland, Schweiz) – LINK
Chris the Swiss (D: Anja Kofmel, 2018 – Schweiz, Kroatien, Deutschland) – LINK
FRITZI- Eine Wendewundergeschichte (D: Ralf Kukula und Matthias Bruhn, 2019 – Deutschland, Belgien, Luxemburg, Tschechien) – LINK
Unser Gast für diese Folge:
Annegret Richter Geschäftsführerin der AG Animationsfilm- Bundesverband der Animationsfilmbranche / Kuratorin für das Internationale Trickfilmfestival in Stuttgart AG Animationsfilm – LINK | Linkedin – LINK Internationale Trickfilmfestival in Stuttgart (ITFS) – LINK
Weiterführende Links und Vernetzungsmöglichkeiten: Chronologie zum Animationsfilm in Deutschland (DIAF) – LINK Annecy International Animation Film Festival (Frankreich) – LINK Animation Production Days (Stuttgart) – LINK Cartoon Media EU – LINK CEE Animationprogramm – LINK Animationsfilmvertrieb – Kurzfilm Agentur Hamburg – LINK Animationsfilmvertrieb – Interfilm – LINK Filme aus dem Cover: Latte Igel und der magische Wasserstein (LINK) – Werner Beinhart (LINK) – Maurice, der Kater (LINK) – Willkommen in Siegheilkirchen (LINK) – Tarzan 3D (LINK) – Kurzfilm Lotte Reiniger (LINK)
Was braucht die deutschsprachige Filmbranche? Und was hat der Filmnachwuchs zu sagen, der vor den Startlöchern des ernsthaften Einstiegs in die künftige Arbeitswelt steht? Judith Frahm und Fritzie Benesch haben es sich in ihrem Studium an der Filmuniversität Babelsberg KONRAD WOLF nicht nehmen lassen, in Eigeninitiative die Gesprächsreihe „Ausnahmezustand Film?!“ zu starten, die nicht “um den heißen Brei redet”, sondern mit diversen Gästen ganz konkret den Finger in die Wunde legt. Wie wollen wir in Zukunft miteinander arbeiten, denn so geht es nicht weiter.
Den Ausnahmezustand stoppen: Andere machen es vor!
Die beiden Produktionsstudentinnen sprechen mit uns über ihre konkreten Vorstellungen und Wünsche und machen schnell klar, was möglich und für ein Bestehen der Filmbranche unumgänglich ist. Unter dem Dachthema “New Work” machen andere Branchen und Länder schon längst vor, was auch für die Filmbranche wichtig ist: Flexible Arbeitszeiten, flache Hierarchien, agiles selbstbestimmtes Arbeiten. Darunter zählen beispielsweise familienfreundliches Arbeiten, Job-Sharing – also zwei Menschen teilen sich einen Arbeitsplatz in Teilzeit oder auch das Home-Office teilen.
Microsoft in Japan setzt seit 2019 auf die 4-Tage-Woche und erntete damit große Erfolge: Effizientere Arbeitsabläufe, höhere Produktivität, weniger Stromverbrauch und auch positive psychologische Effekte sind nicht auszuschließen. Die Dringlichkeit für diesen Wandel sind nicht zuletzt der extremen Müdigkeitsgesellschaft und dem daraus resultierenden „Tod durch Überarbeitung“ (Karoshi) geschuldet. Soweit muss es in Deutschland nicht erst kommen, denn andere Länder in Europa, wie Belgien, Schweden und England zeigen bereits heute, was das frühzeitige Erkennen und Handeln bewirken kann und implementieren die oben genannten Alternativen. Wo bleibt der Strukturwandel auf dem Arbeitsmarkt in Deutschland? Bisher beharren politische Akteure eher auf der Strategie der 42-Stunden-Woche, doch gehen die Bürger*innen da mit? Und wie nutzt die Filmbranche diese möglichen Trends für sich?
Die innere Haltung: Bewusstsein schaffen
Selbst wenn die 4-Tage-Woche nicht gleich morgen kommt, kann jede*r im Kleinen etwas tun, um einen Kulturwandel in der Filmbranche zu schaffen. Es muss nicht sofort die Gründung einer Initiative sein oder die Umsetzung einer Studie. Die innere Haltung zählt. So kann ein ritualisiertes Check-In und Check-Out am Arbeitsplatz (egal ob am Set oder im Büro) ein erster Einstieg sein, um ein Teamgefühl zu schaffen und eine wertschätzende Arbeitsatmosphäre. Generell weg vom alleinigen Geniestatus und dem daraus resultierenden starken Machtgefälle, hin zu transparenter Teamarbeit.
Es braucht, einen Austausch auf Augenhöhe!
In unserer ersten Folge der neuen Staffel haben wir mit unseren Gästen Judith Frahm und Fritzie Benesch (Produktionsstudentinnen der Filmuniversität Babelsberg KONRAD WOLF) reden wir über toxische Arbeitsverhältnisse am Set und strukturelle Probleme in der deutschsprachigen Filmbranche. In dem spannenden Gespräch stellen wir uns die Frage, wie wir in Zukunft miteinander Filme machen wollen und was es heißt, sozial-nachhaltig zu produzieren? Fritzie und Judith legen ihren Fokus auf den Austausch. Denn beide sind sich einig, es braucht den Dialog und nicht die Schuldzuweisung! Sich gegenseitig zuhören, sich gemeinsam an einen runden Tisch setzen und zwar mit der ehrlichen Haltung nicht nur für sich etwas ändern, sondern Zugunsten aller Beteiligten.
Unsere Gäste
Judith Frahm Produktionsstudentin an der Filmuniversität KONRAD WOLF
Fritzie Benesch Produktionsstudentin an der Filmuniversität KONRAD WOLF
Das alte Jahr neigt sich dem Ende zu und wie jedes Jahr wollen wir diese Zeit gemeinsam mit euch und mit unseren filmischen Glühweindialogen zelebrieren. Mit unserer nun bereits 140. Folge beenden wir unsere diesjährige Staffel und freuen uns auf die neuen Folgen, Herausforderungen, Projekte, Unterstützer*innen, Freunden und Mitstreiter*innen die auf uns alle im neuen Jahr warten. Diesen Anlass nutzen wir natürlich auch, um euch allen ein fettes Danke zu sagen. Ohne euch wäre dieses Projekt nicht möglich gewesen. Also:
Danke!! – an unsere Gäste, Kooperationspartner*innen, Mitstreiter*innen und natürlich auch allen, die uns hören, teilen und weiterempfehlen. Danke!! – an unsere Supporter*innen, Steady-Unterstützer*innen oder Paypalunterstützer*innen die uns so tatkräftig, auch monetär, in diesem Jahr unterstützt haben, damit wir so zahlreiche Themen für euch umsetzen konnten. Danke!! – An alle, die auch in diesem Jahr die Filmbranche mit ihrer vielfältigen Arbeit zu einer diverseren, offeneren, barrierefreieren und nachhaltigeren Branche machen!
Habt alle feine Festtage und einen guten Rutsch ins neue Jahr!
Glühweindialoge – It’s a wrap 2022
Unsere diesjährigen Glühweindialoge sind wieder einmal vollgepackt mit einer fülle interessanter Themen rund um das Filmschaffen. Mit unseren Gästen Jennifer Stahl (Leitung FIRST STEPS), Daniel Hettinger (Autor) und Anne Isensee (Animationsregisseurin) reden wir über den Wunsch nach mehr Experimentierfreude in der deutschsprachigen Filmlandschaft, Herausforderungen in der Animationsfilmbranche und die Sichtbarkeit des Kinos in den nächsten Jahren. Zum Schluss darf natürlich die alljährliche Vorstellung unserer Festtagsfilme nicht fehlen.
Unsere Gäste:
Jennifer Stahl Leitung FIRST STEPS Webseite FIRST STEPS – LINK Gespräche aus der ersten Reihe – LINK
Anne Isensee Animationsregisseurin und Animatorin Webseite – LINK
„Ich interessiere mich sehr für die junge Generation, da sie nicht nur unsere Zukunft ist, sondern auch die Zukunft des Kinos.“
Teresa Fritzi Hoerl
Laut der Kinobesucherstudie der FFA aus dem Jahre 2022 sind die besucherstärkste Gruppe unter den 10 – 19 Jährigen zu finden. Im Vergleich zum Jahr 2020 stieg diese Altersgruppe um 29% an. Erstaunlich! Aber wie sieht es mit dem Filmangebot für diese Altersgruppe aus? Die Filmangebote für die Altersgruppe der Teens ist rar. Dominierend sind Actionspielfilme, Komödien, Dramen und Kinderfilme. Aber das Genre „Jugendfilme“ gibt es eher weniger. Dennoch gibt es sie. Die Filmemacher*innen, die für das junge Publikum Kino machen.
Brennen für die junge Generation
Regisseurin Teresa Fritzi Hoerl ist eine von ihnen. Schon mit ihrem Spielfilmdebüt NOTHING MORE PERFECT widmete sie sich einer dunklen Seite des Erwachsenwerdens und dies mit spezieller Kameraästhetik. In NOTHING MORE PERFECT begleiten wir die 16 jährige Maya, die für ein paar Tage mit ihren Eltern nach Prag fährt. Dieser Kurztrip passt aber so gar nicht in ihre Pläne. Schon seit einiger Zeit ist sie auf diversen Suizid-Foren im Internet unterwegs und plant fest sich vor laufender Kamera umzubringen. Ein spezielles und düsteres Thema, dem sich Teresa Hoerl gekonnt nähert. Wir sind ganz nah dabei, wenn Maya zwischen Suizid-Foren und dem hier und jetzt mit ihren Eltern switcht. Diese zwei Seiten ihres Lebens, von denen auch die Eltern nichts ahnen, spiegelt sich auch in der Kameraarbeit wieder. Zwischen klassischer Bildsprache und Selfiemodus sind wir Maya so nah, wie auch die Follower ihres Suizid-Kanals.
Nun ist Teresa mit dem Spielfilm ALLE FÜR ELLA unterwegs. Ein musikalischer Jugendfilm. Für Ella ist Musik alles, doch ihre Band scheint sich aufzulösen, da nicht alle den großen Traum vom großen Durchbruch verfolgen. Ganz anders als NOTHING MORE PERFECT spielt ALLE FÜR ELLA mit einer gewissen Leichtigkeit und viel Humor zu den dennoch verzwickten Themen der Jugend, wie Liebe, Identitätskrisen und Freundschaft über das Abitur hinaus.
Rezeption von Spielfilmen fördert die Identitätsbildung
Schon länger ist bekannt, dass die Rezeption von Spielfilmen die Identitätsbildung fördern kann. Über Filme zu sprechen kann kosmopolitische Einstellungen stärken. Audiovisuelle Medien tragen im gewissen Maße dazu bei, das Weltbild und Selbstbild der Zuschauer*innen zu prägen, Rollenbilder zu formen, Empathie zu fördern. Gerade bei Kindern und Jugendlichen ist dieser Effekt weit höher als bei Erwachsenen. Daher kann der richtige Spielfilm mit den passenden altersrelevanten Themen einen signifikanten Effekt auf die Identitätsbildung des Individuums haben. Demnach ist es umso wichtiger, dieser Zielgruppe wieder mehr Aufmerksamkeit zu schenken, um der ansteigenden Besucherzahl der 10-19 Jährigen auch dementsprechend etwas zu bieten, was ihrer Lebenswelt entspricht.
Unterschiedliche Stoffe. Ein Ziel.
Teresa berichtet uns von den unterschiedlichen Produktionsweisen ihrer Filme sowie der speziellen Kameraästhetik. Sie gibt uns Einblicke in die musikalische Umsetzung ihres aktuellen Spielfilms. Und sie erzählt uns, warum es sie reizt, gerade für das junge Publikum Filme zu entwickeln. „Nur weil es schwierig ist, die Jugendlichen ins Kino zu locken, darf man nicht damit aufhören, es zu versuchen“, denn sie sind die Zukunft des Kinos.
Teresa Fritzi Hoerl Regisseurin & Autorin Webseite – LINK Agentur Scenario – LINK Crew United – LINK
Wir sprechen im Podcast auch über die Themen Suizid und Depression. Du bist betroffen? Du weißt gerade nicht weiter? LASS DIR HELFEN.
0800/1110111 (Telefonseelsorge) Die Telefonseelsorge ist rund um die Uhr, kostenfrei und anonym erreichbar: www.telefonseelsorge.de
116111 (Nummer gegen Kummer) Speziell für Kinder und Jugendlichen gibt es von Montag bis Samstag 14.00-20.00 die Nummer gegen Kummer, anonym und kostenlos: https://www.nummergegenkummer.de
U25 Deutschland bietet Mailberatung für junge Menschen in Suizidgefahr: www.u25-deutschland.de
Krisenberatung im Live-Chat rund um die Uhr erreichbar: www.krisenchat.de
Weiterführende Quellen
Castendyk, Oliver / Müller, Juliane: Kino- und Fernsehproduktionen für Kinder und Jugendliche in Deutschland. Daten und Fakten 2005 – 2010 – LINK FFA: Studie Kinobesucher*innen 2022 – Mai 2022 – LINK Interview: Wie tragen Kinofilme zur Identitätsbildung von Jugendlichen bei? Ein Gespräch mit Jürgen Grimm*, in: TELEVIZION 28/2015/1, S.68-71 – LINK
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